Am 27. Juni 2001 wurde Süleyman Taşköprü, ein Hamburger Lebensmittelhändler, in der Schützenstraße in Altona von den Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ermordet. Er war eines von zehn Todesopfern einer brutalen Anschlagsserie, die zwischen 2000 und 2007 in acht deutschen Städten von den Rechtsextremisten des NSU verübt wurde. Die Opfer waren neun Männer türkischer und griechischer Abstammung, die in Deutschland lebten und arbeiteten, sowie eine Polizistin. Bei Sprengstoffanschlägen des NSU in Nürnberg und Köln gab es zudem viele Verletzte und Schwerverletzte.
Anlässlich des 25. Todestages von Süleyman Taşköprü im Juni 2026 zeigt das Altonaer Museum die Ausstellung „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“ mit Fotografien der Künstlerin Regina Schmeken. Ihre großformatigen Schwarzweiß-Aufnahmen dokumentieren die Schauplätze der rechtsterroristischen Anschlagsserie des NSU als scheinbar unauffällige Orte, die trotzdem bis heute von den rassistisch motivierten Verbrechen geprägt sind. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die NS-Propagandaformel „Blut und Boden“, um auf die extremistische Ideologie hinzuweisen, die hinter den Taten des NSU stand.
Der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger kommentierte die Bilder folgendermaßen: „Das Beklemmendste an diesen Fotografien ist, dass auf ihnen weder die Mörder noch die Mordopfer zu sehen sind. An Schmekens Aufnahmen wirkt gerade das Unauffällige, Banale und Gewöhnliche unheimlich.“
Von den zwölf Tatorten der Morde und der Sprengstoffanschläge zeigt die Ausstellung im Altonaer Museum in einem Raum jeweils ein Triptychon der großformatigen Bilder. So entsteht eine eindringliche Atmosphäre und zugleich ein visuelles Mahnmal in Gedenken an die Ermordeten Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozga und Michèle Kiesewetter.
„Es fehlt auf jedem Bild der entscheidende Mensch: der hingerichtete Mann, die hingerichtete Frau. Die Fotografin hat diese grauenhafte Leere eingefangen. Dafür gebührt ihr mein Dank,“ schrieb der Schriftsteller Feridun Zaimoglu für den Katalog zur Ausstellung.
Ein zweiter Raum ermöglicht den Besuchenden eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Erinnerungskultur im Angesicht rechter Gewalt und mit den Hintergründen der NSU-Morde. Anhand von Zitaten der Angehörigen und biografischen Informationen zu den Getöteten soll die Erinnerung an die Mordopfer wachgehalten werden. In Video-Interviews berichten ein Angehöriger sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus unterschiedlichen Perspektiven von ihren persönlichen Erfahrungen: Okan Taşköprü, der Neffe von Süleyman Taşköprü, Ibrahim Arslan, einer der Überlebenden der rassistischen Brandanschläge von Mölln im Jahr 1992, Barbara John, die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des NSU, die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz, die SZJournalistin Annette Ramelsberger und die Fotografin Regina Schmeken. Zudem wird in dem Raum auch die Kontinuität rechter Gewalt in Hamburg seit 1945 thematisiert. Ein besonderes Element bildet zum Abschluss die partizipative Installation „Was ist Erinnern für dich?“, an der sich die Besucherinnen und Besucher aktiv am Gedenken an die Ermordeten beteiligen können.
Mit der Ausstellung „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“, die von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet wird, will das Altonaer Museum vor dem Hintergrund des 25. Todestages von Süleyman Taşköprü einen Ort der Erinnerung und des Gedenkens für die durch den NSU getöteten, verletzten und traumatisierten Menschen schaffen und über die fortdauernden Gefahren rechten Terrors informieren.
Zum Bilderzyklus von Regina Schmeken ist im Jahr 2016 im Verlag Hatje Cantz eine 144-seitiger Katalog erschienen, der im Museumsladen des Altonaer Museums zum Preis von 15 Euro erhältlich ist. Der vom Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden herausgegebene Band versammelt 80 Fotografien und Texte von Dr. Gorch Pieken, Katja Protte, Hans Magnus Enzensberger, Barbara John, Feridun Zaimoglu und Annette Ramelsberger.
Museumstraße 23
22765 Hamburg