Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen verleiht in Kooperation mit den Freunden der Kunstsammlung und dank einer großzügigen finanziellen Unterstützung der Stiftung Reydan + Roger Weiss zum dritten Mal den K21 Global Art Award. Der Preis ist einzigartig in seinem globalen Ansatz und ist einer der höchstdotiertesten Kunstpreise in Deutschland. Die nominierten Künstler*innen wurden von einer internationalen Jury bestehend aus Doryun Chong, Koyo Kouoh, Omar Kholeif und Jochen Volz vorgeschlagen. Zu den Nominierten 2025 gehören Sin Wai Kin, Simon Fujiwara, Hashel Al Lamki, Celia Hempton, Sallisa Rosa und Tadáskía. Die brasilianische Künstlerin Tadáskía ist die diesjährige Gewinnerin des K21 Global Art Award.
Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen: „Ich freue mich, dass wir diesen bedeutenden und hochdotierten Preis durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Freunde der Kunstsammlung und einer privaten Spenderin auch in diesem Jahr wieder vergeben können. Die kanonische Sammlung des Museums durch junge, diverse, internationale Positionen erweitern zu können, ist mir ein wichtiges Anliegen als Direktorin des Museums. Der Gewinnerin des diesjährigen K21 Global Art Award Tadáskía gratuliere ich herzlich. Ich bedauere zutiefst, dass wir mit Koyo Kouoh durch ihren frühen und überraschenden Tod eine bedeutende Stimme in der Nominierungsjury des K21 Global Art Awards und eine wichtige Wegbegleiterin verloren haben.“
Der K21 Global Art Award trägt zur programmatischen Sammlungserweiterung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen bei und unterstützt dabei, die Sammlung vielstimmiger und globaler zu gestalten. Er ist mit einem bedeutenden Neuankauf für die Sammlung verbunden und insgesamt mit 100.000,- Euro dotiert. Dieser Kunstpreis steht auch für das kreative und nachhaltige Engagement der Freunde für das Museum. Das erworbene Werk wird der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen von den Freunden als Dauerleihgabe übergeben.
Nachdem der Preis 2023 an die südafrikanische Künstlerin Senzeni Mthwakazi Marasela und 2024 an den chinesischen Videokünstler Wang Tuo vergeben wurde, folgt 2025 als Preisträgerin die brasilianische Künstlerin Tadáskía. Sie wurde von Jochen Volz, Direktor der Pinacoteca de São Paulo, vorgeschlagen. „Tadáskía erschafft Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die von mythischen Erzählungen über Verwandlung inspiriert sind und zugleich ihre Lebenserfahrungen als Schwarze Transfrau widerspiegeln. Organische Formen, abstrakte Elemente und das Motiv des Unendlichen prägen ihre Arbeiten, die sich mit Kreisläufen und dem stetigen Wandel in der Natur befassen. Tadáskías Werk zeichnet sich durch Frische und Mut aus,“ begründet Volz seine Nominierung.
Über die Gewinnerin
Tadáskía (*1993 in Rio de Janeiro) zählt heute zu den einflussreichsten zeitgenössischen Künstlerinnen Brasiliens. Ihre vielschichtige Praxis umfasst Zeichnung, Malerei, Skulptur, Video und andere Medien und bewegt sich entlang von Themen wie Transformation, Selbstwahrnehmung, Vertrautheit und Fremdheit. In ihren Arbeiten verknüpft sie lebendige und vergessene Narrative aus Afro-Transgender Kosmologien und unterschiedlichen Zeiten mit eigenen Erfahrungen und bleibt dabei im Imaginären gegenwärtig.
Im Rahmen des K21 Global Art Award haben die Freunde der Kunstsammlung NordrheinWestfalen Tadáskías raumspezifische Installation brincando animada: travesti mariposa centopeia (Animiertes Spiel: Travestie-Schmetterling-Hundertfüßler) aus dem Jahr 2025 erworben. Die Arbeit setzt sich aus drei Arbeiten zusammen: einer freien, semi-abstrakten Wandzeichnung mit dem Titel Alt und neu spielen Regenbogen; einem direkt auf die Museumswand geschriebenen Gedicht in englischer und deutscher Sprache mit dem Titel Küss mich küss mich küss mich wenn du ankommst; sowie einer neuen Serie von Skulpturen aus Taboa, Bambus, Gemüse, Früchten und Flüssigkeiten mit dem Titel Anordnung.
An ihrem ersten Tag in Düsseldorf – bei ihrem ersten Besuch in Deutschland – begrüßte die Stadt Tadáskía mit Regen. Auf dem Weg ins K21 wünschte sie sich zum Schutz einen Regenschirm. Doch immer wieder entglitt ihr das Wort und verwandelte sich in Regenbogen. Wieder und wieder vertauschte sie die Worte – umbrella und rainbow – ganz so, als führe die Sprache sie zu einer neuen Idee. Dieses sich wiederholende Entgleiten fesselte ihre Aufmerksamkeit und führte ihre Imagination auf einen neuen Weg. In Form einer Flagge gilt der Regenbogen als ein Symbol der LGBTQIAPN+-Community, doch für Tadáskía ist er auch etwas anderes: Er steht für sich selbst, er existiert nur durch das Zusammenspiel von Regentropfen, Sonnenlicht und Eiskristallen und ist vergänglich. Er steht somit für etwas, das durch ein Umfeld lebendig wird, welches Begegnungen zwischen Elementen unterschiedlicher Natur und Herkunft ermöglicht. Im übertragenen Sinn entwickeln sich so auch Tadáskías Zeichnungen: eine abstrakte Form bedingt die nächste, bis eine monumentale und zugleich ephemere Wandarbeit entsteht.
Zeichnung und Sprache bilden das Herzstück in Tadáskías Praxis. In ihren Arbeiten verwandeln sich Spuren von Pastell und Kohle in leuchtende, rätselhafte Zeichen – jeder Strich wird zu einer intimen Geste, einem Flüstern aus einer Welt zwischen den Welten. Inspiriert ist Tadáskía von den Worten der US-amerikanischen Autorin bell hooks, die Liebe als Zusammenspiel vieler Ingredienzien beschrieb. Für Tadáskía bedeutet das Spiel mit dem Regenbogen, die Grundlagen für ein Zusammenleben sichtbar zu machen und Differenzen nicht auszulöschen. Stattdessen zeigt Alt und neu spielen Regenbogen, dass erst die Kombination von Farben und Ingredienzien ein lebenswertes Umfeld schaffen – zum Nachdenken, zum Imaginieren –, selbst wenn ein solcher Raum am Horizont noch nicht sichtbar ist.
Tadáskías Rauminstallation ist eine Einladung zum Träumen, auch in Zeiten, in denen Träume weit entfernt zu sein scheinen. Tadáskías Skulpturen entstehen aus Taboa, einer schilfähnlichen Pflanze, die traditionell in Afro-brasilianischen Gemeinschaften als Baumaterial und Heilpflanze verwendet wird. Aus diesem strohähnlichen Material formt sie kleine, verflochtene Skulpturen, die wie lebendige Wesen – Hundertfüßer oder zeremonielle Konfigurationen – über eine mit Pastell kolorierte Plattform wandern. In Kombination mit Gemüse, Früchten und Gläsern mit Flüssigkeiten erweitern die dreidimensionalen Arbeiten die Wandzeichnung und das Gedicht zu einem kaleidoskopischen Feld intuitiver Bewegungen und körperlicher Präsenz. Hier wird Vergänglichkeit zum zentralen Motiv: Die Früchte werden austrocknen, das Taboa wird zerfallen, die Flüssigkeiten werden verdunsten. Das Werk wird nur mit Liebe und Fürsorge lebendig gehalten – ermöglicht durch Menschen, ermöglicht vom Museum.
+Die für das K21 erworbene Arbeit wurde in früheren Ausführungen bereits in bedeutenden internationalen Institutionen präsentiert, darunter im The Museum of Modern Art in New York (2024) sowie auf der 35. Biennale von São Paulo (2023). Werke von Tadáskía befinden sich in renommierten öffentlichen Sammlungen wie dem The Museum of Modern Art in New York, dem Nevada Museum of Art in Reno, der Pinacoteca São Paulo, dem Solomon R. Guggenheim Museum in New York sowie der Kadist Foundation in Paris. Seit 2025 erweitert ihre künstlerische Stimme die Sammlung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen um eine zentrale zeitgenössische Perspektive aus Lateinamerika.
Gedicht von Düsseldorf für überall
Küss mich küss mich küss mich wenn du ankommst, 2025
Wir haben einen Traum von Freiheit und mit d
er Befreiung von Gewalt
ist es möglich Frieden zu fühlen?
Küss mich küss mich küss mich
Wir rufen dich
zeig dich uns innen und außen
Ich will mit dir träumen
Selbst inmitten keines Traums
Träumen mit dir Frieden
Selbst inmitten so vieler Kriege
Küss mich
Küss mich
Küss mich
Biografie
Tadáskías erste Einzelausstellung in einem Museum war Projects: Tadáskía, im The Museum of Modern Art, New York, USA (2024). Zu ihren weiteren Ausstellungen zählen: jour nuit papillon, Musée d’Art Contemporain de La Haute-Vienne, Rochechouart, Frankreich (2025); Tadáskía & Ana Cláudia Almeida, Fortes D’Aloia & Gabriel/Quadra, São Paulo, Brasilien (2024); Tadáskía and Ana Cláudia Almeida: A Joyner/Giuffrida Visiting Artists Program, Nevada Museum of Art, Reno, USA (2024); flores e frutas, Galpão Bela Maré, Rio de Janeiro, Brasilien (2023); 35. Biennale von São Paulo – Coreografias do impossível, São Paulo, Brasilien (2023); One Becomes Many, Perez Art Museum Miami, USA (2024); The Disagreement: A Theatre of Statements, Neuer Kunstverein Wien, Österreich (2024); Direito à forma, Galeria Fonte – Instituto Inhotim, Brumadinho, Brasilien (2023); 37° Panorama da Arte Brasileira – Sob as cinzas, brasa, Museu de Arte Moderna de São Paulo, Brasilien (2023); Dos Brasis, SESC Belenzinho, São Paulo, Brasilien (2023); The Silence of Tired Tongues, Framer Framed, Amsterdam, Niederlande (2022); Eros Rising: Visions of the Erotic in Latin American Art, Institute for Studies on Latin American Art, New York, USA (2022); JAIMES, Triangle Asterídes, Marseille, Frankreich (2022). Als Anerkennung ihres wachsenden globalen Einflusses wurde Tadáskía im Jahr 2025 in die TIME100 Next aufgenommen.
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