Daniel Spoerri, der Meret Oppenheim erst 1955 in Bern kennenlernte, nannte Oppenheim einst „die wunderschöne „Garçonne“ {die} schon mit 19 Jahren in Paris das Künstlermilieu aufmischte {…}“.  Bereits 1932 traf Meret Oppenheim gemeinsam mit der befreundeten Künstlerin Irène Zurkinden in Paris ein.

Irène Zurkinden, Kurt Seligmann, Alberto Giacometti und Hans-Rudolf Schiess – allesamt Künstler aus der Schweiz – bildeten sozusagen das Fundament ihres Freundeskreises. Durch Vermittlung von Hans Arp und Kurt Seligmann besuchte sie das Atelier von Alberto Giacometti und schloss sich der Gruppe der Surrealisten um André Breton an, an deren Ausstellungen sie zwischen 1933 und 1937 regelmäßig teilnahm. In diesem Umfeld entstand 1933 auch die berühmte Akt-Foto-Serie von Man Ray, welche die Künstlerin als geheimnisvolle Erotique-voilée an der Druckerpresse zeigt.

Zwischen 1933 und 34 verband Meret Oppenheim mit Max Ernst kurzfristig eine mehr als freundschaftliche Verbindung und in Leonor Fini fand Sie eine weitere weibliche Wegbegleiterin und Freundin, mit der sie auch häufig an den wilden Kostümfesten der Pariser Kreise teilnahm.

Es war das Jahr 1936 als Meret Oppenheim ihre „Pelztasse“ (Das Frühstück in Pelz) entwarf, die zur Inkunabel surrealistischer Objektkunst und zugleich zum erdrückenden Ruhmesobjekt der Künstlerin wurde. Kurz zuvor saß sie mit Pablo Picasso und seiner Muse Dora Maar im Café de Flore in Paris. Sie trug einen Messingarmreif mit Pelzbesatz, der Picasso zu der scherzenden Aussage veranlasste, man könne ja alles mit Pelz beziehen, woraufhin sie erwiderte: „Sogar diese Tasse und Untertasse.“ Es ist erstaunlich, dass es der Einwurf des männlichen Künstlergenies war, der zur Entstehung eines Werkes beitrug, das gerade die vorherrschende „Maskulinität“ von Skulptur bewusst parodieren sollte. Die Arbeit stand zu beginn eines Œuvres, hinter dem sich eine dezidierte Verfechterin eines androgyn-weiblichen Genius entwickeln würde. Es war das erste Werk einer weiblichen Künstlerin, das vom Museum of Modern Art in New York erworben wurde. Beinahe zur selben Zeit ging Picassos Les Demoiselles d`Avignon in die Sammlung der Institution ein. 

Die alles überlagernde Bekanntheit des Objekts trug letztlich zu ihrem Bruch mit den Surrealisten bei, in deren Mitte sich die Künstlerin zur „Muse“ stilisiert und als auf dieses Werk reduziert fühlte.

Das frühe Aufeinandertreffen von Picasso und Oppenheim fand im Kreis der Pariser Surrealisten statt, dem auch die Fotografin Dora Maar angehörte, die vorausgehend bereits Fotoaufnahmen von Meret für Modemagazine gemacht hatte. Doch sowohl Meret als auch Picasso entzogen sich wieder dem Pariser Künstlermilieu, um zu einer eigenständigen künstlerischen Freiheit zu gelangen. Auf beiden Seiten fand diese im Brechen mit überkommenen Traditionen, im Genre-übergreifendes Schaffen sowie in einem bis ins hohe Alter anhaltenden politischen Bewusstsein Ausdruck. Oppenheim zitierte Picasso in Übereinstimmung mit ihrer eigenen künstlerischen Entwicklung mit dem Satz: „Ich suche nicht, sondern finde.“

Auf den schnellen Aufstieg in Paris folgte eine längere Schaffenskrise, die bis 1954 währte. In der Schweiz, wo Oppenheim die Krisenjahre weitgehend verbrachte, absolvierte Meret Oppenheim zunächst eine Ausbildung als Restauratorin, arbeitete jedoch parallel künstlerisch weiter. Ab 1939 hatte sie Kontakt zur „Gruppe 33“. Nach ihrer Heirat 1945 mit dem Kaufmann Wolfgang LaRoche, lebte Oppenheim abwechselnd in Bern, Thun und Oberhofen. In Bern, wo sie ab 1954 ein Atelier bezog, begegnete sie Künstlerkollegen wie Dieter Roth und Daniel Spoerri. 1956 wirkte sie an Spoerris Inszenierung von Picassos absurdem Theaterstück „Wie man die Wünsche beim Schwanz packt“ mit einer Text-Übersetzung, Kostümentwürfen und als Schauspielerin mit. Berns offenes, kreatives Klima und der Austausch mit Gleichgesinnten eröffneten ihrer künstlerischen Vielseitigkeit neue Wege und prägte die sie umgebenden Künstler nachhaltig.

Anlässlich der Übergabe des Kunstpreises der Stadt Basel im Jahr 1975 subsummierte Meret Oppenheim ihren Weg als Künstlerin unter Künstlern in einem Satz der noch heute, vor allem für Künstlerinnen nachhallt: „Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie nehmen.“ und bezog sich damit auf die Befreiung von Äußerlichen sowie gesellschaftlichen Zwängen durch eine jenen Unterdrückungen entgegenstehenden, Tabu brechende Lebensweise.

Die erste große Retrospektive 1967 in Stockholm, gefolgt 1974/75 von einer Werkschau in Solothurn, Winterthur und Duisburg, die Verleihung der Kunstpreise der Stadt Basel 1975 und der Stadt Berlin 1982 an sie, sowie die Einladung zur Teilnahme an der documenta 7 würdigten ihre autarke, vielseitige Position als Künstlerin. Meret Oppenheim hat sich stets allen Regelwerken entzogen und in ihrer Kunst und ihrem Leben konsequent ein Höchstmaß an Autonomie gewahrt. Ihr hintergründig-humorvolles, nachhaltig intensives Werk hat stark auf jüngere Künstlergenerationen eingewirkt. Ihre selbstbewusst-feministische, Konventionen sprengende Haltung und ihr disziplinübergreifender Ansatz finden bis heute ihren Widerhall in der Kunst.


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