Das Königskloster Reichenau war im Mittelalter eines der wichtigsten kulturellen und politischen Zentren des Reiches: Es besaß eine einflussreiche Malschule und war – lange vor der Erfindung des Buchdrucks – einer der größten europäischen Wissensspeicher und Impulsgeber. Im Jahr 2000 wurde die „Klosterinsel Reichenau“ in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen. 

Die Klosterschreibstube der Insel Reichenau gehörte zu den anspruchsvollsten Buchproduzenten des Frühmittelalters. Als herausragende Zeugnisse der ottonischen Buchmalerei entstanden im Reichenauer Skriptorium einige der wertvollsten Prachthandschriften der Welt. Im Auftrag der mächtigen Kaiser, Könige und Reichsbischöfe schufen die Mönche mit großer künstlerischer Phantasie, hoher Qualität und Präzision Kunstwerke, deren Vollkommenheit und Schönheit noch heute faszinieren. Die Hauptwerke der Reichenauer Handschriften wurden 2003 als „kulturgeschichtlich einzigartige Dokumente, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit repräsentieren“, zum UNESCO-Weltdokumentenerbe ernannt. Anlässlich des Jubiläums „1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ führt das Badische Landesmuseum diese einmaligen und kostbaren Kunstwerke erstmals in diesem Umfang am Bodensee zusammen.

Die Große Landesausstellung im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg „Welterbe des Mittelalters“ lässt ab 20. April 2024 in Konstanz die faszinierende Geschichte der Abtei durch herausragende Kunstwerke lebendig werden. Ein besonderes Highlight sind die prachtvollen Handschriften aus dem Reichenauer Skriptorium – darunter der Gero Kodex, ein mit seinen figürlichen Darstellungen stilprägendes Meisterwerk. Die reiche monastische Kulturlandschaft an Bodensee und Hochrhein wirdm ebenfalls in den Blick genommen. Das Publikum kann die europaweiten Beziehungen der Abtei ebenso wie die Lebensbedingungen der Mönche und der heutigen Bewohnerinnen und Bewohner kennenlernen.

Die wertvollen Leihgaben der Ausstellung in Konstanz stammen aus den bedeutenden Sammlungen und Beständen der Projektpartner. Sie werden ergänzt durch zahlreiche kostbare nationale und internationale Leihgaben, die das Phänomen der Klosterinsel und das mittelalterliche Leben wieder erfahrbar machen. Neben den bedeutenden Prachthandschriften erwartet das Museum Exponate wie zwei Elfenbeinreliefs aus dem Louvre, eine oberitalienischen Chorschrankenplatte aus Venedig und den sog. Egbert-Schrein aus dem Domschatz in Trier. Ungewöhnliche Objekte wie ein Wetterhahn aus Brescia, der einst die Windrichtung auf dem Glockenturm in Oberitalien voraussagte, oder die Bürgli-Glocke aus Gailingen, die älteste Glocke Baden-Württembergs, ergänzen die Schau.

Die Originalschauplätze auf der Insel Reichenau sind Teil des Ausstellungserlebnisses: Die drei mittelalterlichen Kirchen, die neu gestalteten Klostergärten sowie die Münsterschatzkammer können die Besucherinnen und Besucher u.a. durch ein modernes Führungssystem erleben. Im Museum Reichenau tauchen Groß und Klein mittels interaktiv gestalteter Stationen in die Welt des Mittelalters ein. Auch spirituelle Angebote sollen dazu beitragen, die Aura der „heiligen Insel“ wieder spürbar zu machen.

„Durch das Jubiläum 2024 rückt das kulturelle Zentrum des Mittelalters wie einst in die Öffentlichkeit – es ist ein Ereignis für das ganze Land Baden-Württemberg und weit darüber hinaus. Mit dem einzigartigen Architektur-Ensemble auf der Insel und den hochkarätigen Leihgaben wird die Große Landesausstellung zum umfassenden Gesamterlebnis“, so Eckart Köhne, Direktor des Badischen Landesmuseums.

Ein großer interdisziplinärer Beirat steht dem Ausstellungsteam mit seiner fachlichen Expertise beratend zu Seite. Im März 2023 fand eine international besetzte wissenschaftliche Tagung statt: „Klosterinsel Reichenau im Mittelalter: Geschichte – Kunst – Architektur“. Die Forschungsergebnisse fließen in das Ausstellungskonzept ein und werden als Tagungsband publiziert. Außerdem erscheint zur Großen Landesausstellung ein aufwendig illustrierter Begleitband.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag (Feiertage ): 10:00  -18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: landesmuseum.de/museum