Wolfgang Folmer (*1960 Merzig/Saarland) arbeitet in Zeichnung, Malerei, Druckgraphik, Fotografie, Video, Bildhauerei und im öffentlichen Raum. Seine Projekte umfassen zudem eigene Percussion und er setzt sich mit performativen Darstellungsweisen auseinander. Folmer hat ein umfangreiches und vielfältiges Œuvre geschaffen, das im Kunstmuseum Reutlingen | Spendhaus und im Kunstmuseum Reutlingen | Galerie als Retrospektive von den frühesten Bleistiftzeichnungen bis hin zu den aktuellsten Kohlezeichnungen reicht. Mit seiner Kunst hat sich Folmer in den letzten dreißig Jahren eine originäre Position erarbeitet. Es ist an der Zeit, sein tiefsinniges Werk umfassend zu würdigen. 

Die Spannbreite der verwendeten medialen und künstlerischen Techniken Folmers hat eine eigene Formsprache hervorgebracht. Im Wechselverhältnis mit den thematischen Auseinandersetzungen wird eine stets fortschreitende Bildsprache generiert. Es sind die Gemeinsamkeiten und Gegensätze, die reale Welt und die daraus entstehenden eigenen Welten, die in den Werken ausgehandelt werden. Wiederholt begegnet uns eine feinsinnige Ironie, eine reduzierte Komposition oder eine klar gesetzte Linearität.

Das Zeichnen mutet bei Wolfgang Folmer als ein unermüdlicher Prozess an, ein positiv konnotierter Exzess, der sich auch in seiner Materialvielfalt, sei es Kohle, Bleistift, Ölkreide, Farbstift oder Aquarell, manifestiert. Ergänzt wird diese durch seine serielle Arbeitsweise. Der Künstler bietet seinen Betrachter*innen die unterschiedlichsten inhaltlichen und kompositorischen Konstellationen an und ermöglicht eine tiefgründige und intensive Beschäftigung mit seinen Werken. Eine Serie von Kohlezeichnungen aus dem Jahr 1999 – in der Ausstellung sind acht Werke daraus zu sehen – zeigt die Kombinationsmöglichkeiten, Motivspielereien und Rezeptionsanreize. Die Darstellungen sind figürlich stark aufgeladen. Ein verlebendigter Gartenzwerg scheint die Hauptrolle zu spielen und steht im Austausch mit weiteren Wesen. Doch ist es immer derselbe Zwerg oder sind es verschiedene? Ist es eine Schar oder ein Individuum in Einzelsituationen? Anschaulich wiederholen sich diese Gegensätze, Doppelungen und die Aufforderung, genau hinzusehen auch in vielen weiteren seriellen Arbeiten des Künstlers, doch stets mit einer durchdachten Anpassung an das jeweilige Medium oder die Technik.

Farbig leuchten die Zeichnungen in Ölkreide, Farbstift und Bleistift sowie Mischtechniken aus den Jahren 2001 bis 2006, die sowohl im Kunstmuseum Reutlingen | Spendhaus als auch im Kunstmuseum Reutlingen | Galerie gezeigt werden. Mit der zusätzlichen Verwendung von Transparentpapier setzt Folmer Überlagerungen durch die tatsächliche Schichtung mehrerer Blätter und Papiere haptisch um. Die Flächigkeit und das Überlagerungsprinzip hat der Künstler Jahre später in digital geschaffenen Vektorgraphiken wieder aufgegriffen, auch davon sind fünfzehn Werke ausgestellt. Darin treffen Motive wie Teddybären, Puppen, Dackel, Gartenzwerge, Steckenpferde und Märchenfiguren aufeinander. Als Gegenpol treten aber auch ein Pin-up im knappen Bodysuit, ein Motorradfahrer oder ein verschmitzt schmunzelndes Schwein auf. Die variablen Kombinationen dieser Wesen und Gegenstände vermitteln den Inhalt bisweilen lediglich unterschwellig, anderes ist explizit dargestellt oder eine Leerstelle fordert zum konzentrierten Hinschauen und Nachdenken auf. Zur Inspiration greift Folmer auch auf Vorlagen zurück, so hat er beispielsweise Malbücher aus den 1960er-Jahren erstanden, die er selbst noch aus seiner Kindheit kannte und deren Umrissformen er weiterentwickelt. 

Auch aufgrund der medialen Vielfalt überrascht Folmers Œuvre immer wieder aufs Neue. Seine Suche nach dem Unbekannten endet scheinbar nie und durch sein unablässiges künstlerisches Austesten gibt es für Folmer keinen Stillstand.

Zum ersten Mal findet eine Ausstellung an den beiden Standorten Spendhaus und Wandel-Hallen statt. Diese Aufteilung ermöglicht einen breiten Einblick, so stehen sich im Kunstmuseum Reutlingen | Spendhaus graphische, malerische und fotografische Schwerpunkte gegenüber, während im Kunstmuseum Reutlingen | Galerie monochrome Kohlzeichnungen auf Papier, vor Ort entstanden Wandzeichnungen und Papierarbeiten mit Ölkreide und Farbstift aufeinandertreffen. Mit knapp über 150 Werken wird in der Ausstellung ein repräsentativer Überblick zum Œuvre Wolfgang Folmers gezeigt. 

Zur Ausstellung ist ein Katalog im Kettler Verlag, Dortmund, erschienen, den wir auf Wunsch zur Verfügung stellen (Museumspreis 25€, Verlagsausgabe 32€).

Die Ausstellungseröffnung findet am 24.11.2023, 19 Uhr im Spendhaus statt. Es sprechen Thomas Keck (Oberbürgermeister Stadt Reutlingen) und Dr. Ina Dinter (Leiterin Kunstmuseum Reutlingen). Der Künstler Wolfgang Folmer ist anwesend und spricht im Dialog mit Ina Dinter.


Öffnungszeiten:
Mittwoch, Samstag, Sonntag (Feiertag): 11:00 - 18:00 Uhr
Donnerstag - Freitag: 14:00 - 20:00 Uhr
Montag - Dienstag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: kunstmuseum-reutlingen.de

25.11.2023 - 03.03.2024

Wolfgang Folmer: an sich. Retrospektive

Kunstmuseum Reutlingen | Galerie + Kunstmuseum Reutlingen | Spendhaus

Eberhardstraße 14
72764 Reutlingen