Von der Baustelle zum Ausstellungsraum: Mehrere Jahre lang wurde die Orangerie der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe im Botanischen Garten umfassend instandgesetzt. Nun öffnet das ehemalige Pflanzenhaus im Herzen der Stadt wieder seine Türen für das Publikum. Ab dem 29. November 2025 wird die Orangerie zum zentralen Ausstellungsort der Staatlichen Kunsthalle während der Generalsanierung ihres historischen Hauptgebäudes.
Die erste Sonderausstellung, die hier zu sehen ist, widmet sich dem Verhältnis von Architektur und bildender Kunst: Vom 29. November 2025 bis zum 12. April 2026 versammelt die Schau Archistories. Architektur in der Kunst rund 100 Werke von 70 Künstler*innen aus fünf Jahrhunderten. Am Eröffnungswochenende, dem 29. und 30. November 2025, ist der Eintritt in die Ausstellung frei. Mal spielerisch, mal humorvoll, mal gesellschaftskritisch setzen sich die gezeigten Arbeiten mit Lebensrealitäten, vergangenen Zeiten oder fantastischen Räumen auseinander. Sie zeigen, wie wir unsere Welt gestalten oder in Zukunft gestalten könnten.
Den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet das Haus. Es ist ein alltägliches und persönliches Bauwerk, das sich zwischen Schutz und Ausschluss sowie zwischen Intimität und Instabilität bewegt. Von hier aus spannt Archistories den Bogen weit: Die Ausstellung führt von Giovanni Battista Piranesis Carceri d’Invenzione aus dem 18. Jahrhundert – erfundene Kerker-Darstellungen, die bis heute für Macht, Disziplinierung und Befreiungsfantasien stehen – über Brücken, die ebenso verbinden wie trennen. Sie reicht bis zu Plätzen und Straßen, die als öffentliche Bühnen politischer Inszenierung oder gemeinschaftlichen Lebens dienen. Veduten, also detaillierte Architekturansichten, von Hendrick van Vliet bis Elger Esser rücken erhabene Architekturen ins Bild. Arbeiten von Jochen Kuhn oder Hans Peter Reuter begreifen dagegenWände, Fenster und Innenräume als Projektionsflächen innerer Zustände. Den Abschluss der Ausstellung bilden Darstellungen von Ruinen und Fragmenten. Sie erscheinen nicht als melancholische Endpunkte, sondern als Zonen der Transformation. Positionen wie Isa Melsheimer und Jakob Kudsk Steensen zeigen eindrücklich, wie Tiere und Pflanzen Gebäude oder Terrains zurückerobern, die der Mensch verlassen hat.
»Die Ausstellung zeigt, dass Architektur ein doppeltes Medium ist – ein Mittel, mit dem wir uns über die Jahrhunderte hinweg in verschiedensten Sprachen, mit unterschiedlichen Absichten ausdrücken und ein Mittel, mit dem wir die Welt und unser Zusammenleben gestalten«, so Kuratorin PD Dr. Kirsten Voigt. »Dafür sind Künstlerinnen und Künstler von jeher und besonders heute sensibel, da wir merken, dass wir mit unserem Bauen und Hausen die Ökosphäre signifikant beeinflussen.«
Die Ausstellung präsentiert Gemälde, Zeichnungen, Grafiken und Plastiken aus dem reichen Bestand der Kunsthalle, etwa von Robert Delaunay, Erich Heckel oder Sean Scully und stellt ihnen Videoarbeiten, Fotografien und Installationen zeitgenössischer Künstler*innen wie Nevin Aladağ, Dionisio González oder Julia Oschatz gegenüber. Archistories gibt so einen umfassenden Einblick in die Geschichte des Architekturstücks vom 17. Jahrhundert bis heute und macht deutlich, dass Architektur immer auch Geschichte und Geschichten erzählt.
Die Ausstellung wird von einem facettenreichen Begleitprogramm aus Vorträgen, Führungen und Artist Talks begleitet. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog, der für 48 Euro im Onlineshop und in der Orangerie der Kunsthalle erhältlich ist.
Archistories. Architektur in der Kunst wird gefördert durch die Wüstenrot Stiftung und die Fontana Stiftung.
Ausgestellte Künstler*innen
Franz Ackermann – Nevin Aladağ – Johann Wilhelm Baur – Samuel Beckett – Jean-Jacques de Boissieu – Stephen Craig – Nicolas Daubanes – Robert Delaunay – Alain Delorme – Rudolf Dischinger – Otto Dix – Louis Ducros – Josef Wilhelm Durm – Elger Esser – Lyonel Feininger – Günther Förg – Carl Ludwig Frommel – Giuseppe Galli da Bibiena – Armin Goeck – Vincent van Gogh – Niklas Goldbach – Laurent Goldring – Dionisio González – George Grosz – Beate Gütschow – Henri Joseph Harpignies – Erich Heckel – Candida Höfer – Judith Hopf – Karl Hubbuch – Heinrich Hübsch – Victor Hugo – Alexander Kanoldt – Hubert Kiecol – Barbara Klemm – Fritz Klemm – Günther Knipp – Jochen Kuhn – Wolfgang Laib – Fernand Léger – Nicolas François Daniel Lhuillier – Axel Lieber – Johannes Lingelbach – Claude Lorrain – Albert Marquet – Isa Melsheimer – Adolph Menzel – Friedrich Mosbrugger – Henrique Oliveira – Julia Oschatz – Johann Andreas Pfeffel – Francesco Piranesi – Giovanni Battista Piranesi – Werner Pokorny – Domenico Quaglio – Hans Peter Reuter – Hubert Robert – Johann Heinrich Roos – Gabriel Jacques de Saint-Aubin – Georg Scholz – Sean Scully – Hermann Sprauer – Erwin Spuler – Jakob Kudsk Steensen – Hito Steyerl – Artur Peter Stoll – Rebecco Ann Tess – Francesco Tironi – Wilhelm Trübner – Hendrick Cornelisz van Vliet – Friedrich Weinbrenner – Michael Wesely – Helmut Wimmer – Fritz Winter
Interim seit 2023: Zentrum für Kunst und Medien, Lorenzstraße 19
76135 Karlsruhe