Die Münchner Künstlerin Gülbin Ünlü ist Preisträgerin des Augsburger »Zeitsicht Art Award 2024«. Dieser wird ihr zur Eröffnung ihrer Einzelausstellung "really?" im Zentrum für Gegenwartskunst verliehen. Sie zeigt dort Werke aus ihrer aktuellen Produktion, von denen einige neu und eigens für die Ausstellung entstanden sind. Ünlüs künstlerische Praxis verweigert sich Repräsentationslosigkeiten ebenso wie ästhetischer Selbstvergewisserung. Ihre Arbeiten entstehen zwischen Medien - Malerei, Fotografie, Video, Sound, digitalem Print, Sprache, Raum. So realisiert sie Bildkörper, die sich aus Fragmenten zusammensetzen und aus Abbrüchen, Wiederholungen, Oberflächenverschiebungen, sogenannten Mash-Ups generieren. Oft liegt darin ein Moment der Störung - visuell und strukturell - aber nie als bloßer Effekt.
Auch der Ausstellungstitel “really?” funktioniert weniger als Thema, denn als semantischer Störimpuls: ein einziges Wort, dessen Bedeutung je nach Tonfall kippt – zustimmend, sarkastisch, erschöpft oder wütend. Diese Mehrdeutigkeit ist zentral für Ünlüs künstlerisches Denken, das Kontextverschiebungen und Bedeutungsüberschüsse untersucht. Ihre Arbeiten wirken situativ, nie laut, bisweilen politisch, ohne jedoch programmatisch zu sein. Was dekorativ erscheint, kann Spur oder Bruch sein. Konzepte wie Herkunft, Normalität oder Repräsentation treten nicht als Motive auf, sondern als strukturelle Kräfte – sichtbar etwa in Faltungen, Symmetrien oder Leerstellen. really? wird so zum Interferenzpunkt zwischen Werk und Kontext – offen für Ambivalenz, Ironie, Misstrauen und ein kurzes Lächeln des Zweifels.
GÜLBIN ÜNLÜ
studierte Malerei, Zeichnung, Bildhauerei und Performance an der Akademie der Bildenden Künste München. 2024 leitete sie dort interimistisch die Klasse für Malerei und Grafik – ehem. unter der Professur von Markus Oehlen. Für ihr vielschichtiges Schaffen wurde die türkisch-deutsche Künstlerin 2022 mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt München und 2023 mit dem Stipendium der Stiftung Kunstfonds sowie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. Ihre Arbeiten wurden unter anderem 2020 in der Münchner Pinakothek der Moderne, 2022 in der Berlinischen Galerie sowie 2025 in der Villa Stuck und dem Haus der Kunst in München gezeigt.
ZEITSICHT ART AWARD
Der „Zeitsicht Art Award“ wurde vor über 20 Jahren als private Initiative des Augsburger Beratungsunternehmens hauserconsulting von Eberhard Hauser und Martin Hagen ins Leben gerufen. Bisher war die Nominierung meist einer prominenten Person aus dem internationalen Kunstbetrieb angetragen. Bedeutende Künstler:innen wie Marina Abramovic, Arnulf Rainer, Rebecca Horn, Neo Rauch oder Katharina Sieverding haben sich seitdem persönlich für den Award engagiert.
2024 erfolgte eine Neuorientierung: Der „Zeitsicht Art Award“ wechselte in städtische Verantwortung. Durch eine Vereinbarung zwischen Eberhard Hauser, dem langjährigen Kooperationspartner der Kunstsammlungen & Museen Augsburg, ist der Wettbewerb nun in städtische Hände übertragen. Neu ist nicht nur die städtische Trägerschaft, sondern auch das Verfahren: Erstmals entschied im September 2024 eine Fachjury über die Vergabe des Preises.
Zusätzlich zur Auslobung eines Preisgeldes in Höhe von 7.000 EURO werden die Preisträger:innen dazu eingeladen, ihre künstlerische Arbeit im Rahmen einer Einzelausstellung in Augsburg zu präsentieren. Auch die Durchführung der Ausstellung wird als Teil des »Zeitsicht Art Award« großzügig von hauserconsulting gefördert.
Neben dem »Augsburger Friedenspreis« (Politik) und dem »Bertolt-Brecht-Preis« (Literatur) erhält die Stadt Augsburg mit dem »Zeitsicht Art Award« im Bereich zeitgenössische bildende Kunst einen dritten überregional wirkenden Preis.
Am Glaspalast 1
86150 Augsburg