Phantasievolle Landschaften, Märchen- und Sagenhaftes, kuriose Familienereignisse und Skurriles aus dem Alltag: Das China des 19. und 20. Jahrhunderts präsentiert sich leuchtend auf den kunstvollen Hinterglasbildern aus der Sammlung Rupprecht Mayers.

Zwischen 1850 und 1965 in China entstanden, greifen die vielfarbigen Bildwerke Glücksmotive sowie mythologische, historische und literarische Themen der chinesischen Kultur auf. Bei der Umsetzung nahmen die meist anonymen Künstler aber auch das alltägliche Leben der Menschen ins Visier und illustrieren in den Hinterglasbildern damit gesellschaftliche Vorlieben und Veränderungen.

Die ursprünglich in Europa entstandene Technik der Hinterglasmalerei gelangte vor etwa 300 Jahren nach China. Aufgrund seiner textuellen Beschaffenheit wurde Glas dort für die Inszenierung von Farbe und Licht zum beliebten Malgrund. Somit repräsentieren die Werke auch einen kulturellen Transfer, ein vielschichtiges Ineinandergreifen von Ost und West.

Die rund 80 Glasmalereien sind in vier Ausstellungsbereiche unterteilt: »Die Schönheit der Frau« legt den Fokus auf das weibliche Schönheitsideal. Die Glasbilder zeigen die fruchtbare Begegnung zwischen China und Europa, zwischen traditionellen und modernen Werten. Diese Frauen gehörten zu einer sich wandelnden Gesellschaft. Die paarweise Darstellung steht für Gleichgewicht und Harmonie.

Im Bereich »Mutter + Kind« werden treue Bräute und pflichtbewusste Mütter gezeigt, die sich voll und ganz für das Glück und den Fortbestand der Familie einsetzen. Ein klassisches Motiv im kaiserlichen China und passend zu den Werten einer traditionellen, patriarchalischen Gesellschaft. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind war ein zentrales Motiv, das mit besonderer Aufmerksamkeit und Sensibilität gezeigt wird.

In »Dichtung + Drama« geht es um glücksverheißende Symbole, mythologische, historische und literarische Themen. Insbesondere Opernszenen sowie deren Körpersprache und Kostüme wurden häufig abgebildet.

»Alles Gute« beschließt die Ausstellung mit positiv aufgeladenen Stillleben. Sie dienten als Hochzeits- oder Geburtstagsgeschenke, als Glücksbringer für neu eröffnete Geschäfte oder als Wohndekoration. Dementsprechend zeigen sie viele glücksverheißende Motive: Vögel, Blumen oder Früchte. Ihre Auswahl geht auf die buddhistische Praxis zurück, erleuchteten Wesen Früchte und Blumen zu opfern.

Den Brückenschlag ins 21. Jahrhundert vollziehen in der Ausstellung abstrakte Hinterglasbilder des zeitgenössischen Künstlers Kurt Baumfeld. Die Werke des Hildesheimer Künstlers vermitteln die Vielfalt und Wirkungskraft der zeitgenössischen Hinterglasmalerei in Europa bis in die Gegenwart. Mit der Verwendung von Glas als Bildträger beruft sich Baumfeld auf volkstümliche, religiöse Glasmalereien seiner österreichischen Heimat. Ein weiteres Vorbild sind für ihn die abstrakten Kompositionen von Wassily Kandinsky, der sich durch religiöse Hinterglasbilder Bayerns inspirieren ließ. Kurt Baumfelds Glasbilder sind überwiegend abstrakte Kompositionen. Wesentlich ist dem Künstler darin die Entfaltung und Schönheit reiner Farben in einem Gleichgewicht aus Intuition und Kalkül.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 18: Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: landesmuseum-hannover.de

Ehrgeiz für den Sohn Republikanische Zeit, 1920er Jahre, Nordchina, wahrscheinlich Provinz Shanxi © Rupprecht Mayer
25.11.2022 - 16.04.2023

China hinter Glas. zeugnisse einer vergessenen Kunst

Niedersächsisches Landesmuseum Hannover

Willy-Brandt-Allee 5
30169 Hannover