Im K21 erfolgt nach dem Re-Opening 2018 eine nahezu vollständige Neueinrichtung der Sammlung. Mehr als die Hälfte der Räume zeigen sich jetzt schon neu mit Werken unter anderem von Ei Arakawa, Wolfgang Tillmans, Lutz Bacher, Margarete Jakschik, Jef Geys, Marcel Broodthaers, Ed Atkins und Cao Fei. Zu den Highlights der neuen Sammlungspräsentation gehören die Installation Stool (2014), die Wandtapete Odyssey (2016) und die Fotoserie Study of Perspective (1995–2011) des Aktivisten und Künstlers Ai Weiwei. Ergänzt wird das Ensemble durch Ai Weiweis Arbeit Stacked Porcelain Vases as a Pillar (2017), die die Freunde der Kunstsammlung dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen. Besonderer Grund zur Freude ist die Schenkung der Rauminstallation Laundromat (2016) durch den Künstler.

„Laundromat ist ein Schlüsselwerk in Ai Weiweis Schaffen der vergangenen Jahre. Für mich ist es eine der verstörendsten und zugleich berührendsten Istallationen des Künstlers. Die überaus großzügige Schenkung nehmen wir als großen Vertrauensbeweis wahr und freuen uns, als einziges Museum in Deutschland eine so bedeutende Installation Ai Weiweis zeigen zu können“, so Susanne Gaensheimner, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Ai Weiweis künstlerischer Ansatz ist nicht zu trennen von seinem politischen Engagement. Mit der Haltung „everything is art, everything is politics“ (Alles ist Kunst, alles ist Politik) fordert er dazu heraus, Kunst und Politik immer als zusammengehörig zu begreifen. Ai Weiweis Einsatz für die Menschenrechte weltweit findet daher immer auch einen Widerhall in seinen künstlerischen Arbeiten. Seit 2016 hat Ai Weiwei verstärkt die Frage weltweiter Migration reflektiert und kommentiert.

Die Schenkung Laundromat (2016) besteht aus Kleidungsstücken und Schuhen, die geflüchtete Menschen in dem Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze zurückgelassen haben, als das Lager 2016 geräumt wurde. Ai Weiwei besuchte das hoffnungslos überfüllte Lager mehrmals und bewahrte die zurückgelassenen Gegenstände vor der Vernichtung durch die Behörden. In seinem Berliner Studio ließ er sie reinigen und reparieren. Jedes Einzelteil erzählt eine Geschichte von Unterdrückung, Flucht, Verfolgung und Leid. Wie in einer Wäscherei sauber sortiert warten sie scheinbar auf ihre Abholung und fragen nach dem Schicksal der Menschen, die sie getragen haben. Zugleich mahnen sie die fortdauernden Unzulänglichkeiten im Umgang mit geflüchteten Menschen nicht nur an den europäischen Außengrenzen an.

Die Wandtapete Odyssey (2016), eine Neuerwerbung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, stellt in sechs sich wiederholenden Bändern Flucht und Migration dar. Ai Weiwei greift dabei auf Bildformeln der Antike zurück. Realistische Schilderungen von Flucht im 21. Jahrhundert überlagern sich mit historischen und mythologischen Darstellungen, die sich in einem nicht enden wollenden Fries wiederholen. Damit erinnert Ai Weiwei daran, dass Flucht ein Menschheitsthema ist, von dem Menschen weltweit und in allen Epochen betroffen waren und sind.

Wie ein Selbstkommentar fungiert demgegenüber die vierzigteilige Fotoserie Study of Perspective (1995–2011. Auf jedem Bild sieht man hier ein Zentrum staatlicher und kultureller Macht. Allen zeigt Ai Weiwei den ausgestreckten Mittelfinger. Im Zusammenspiel mit den übrigen Werken lässt sich die Serie wie eine Anklage an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft verstehen, sich ihrer Verantwortung für geflüchtete Menschen zu stellen.

Die neuen Sammlungsräume im K21
In der K21-Neupräsentation von 2020 werden Erwerbungen aus den vergangenen drei Jahren präsentiert. Deutlich sichtbar wird die von der Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Susanne Gaensheimer, verfolgte Ankaufspolitik, aus den Wechselausstellungen internationaler zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler Arbeiten für die Sammlung zu sichern und Perspektiven auf nicht-westliche Werke zu eröffnen. Werke von Ed Atkins, Lutz Bacher, Raqs Media Collective, Cao Fei und Ai Arakawa, die erst kürzlich in den Bestand der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen gelangten, sind jetzt im K21 ausgestellt. Hinzu kommen Erwerbungen von Werken von Jef Geys, Hans-Peter Feldmann, Jan Albers und Margarete Jakschik. Diese Arbeiten werden einzeln oder in Konstellationen mit Werken gezeigt, die schon länger im Besitz der Landessammlung sind.

In die neue Präsentation sind die langen Wandelgänge einbezogen, wodurch der Parcours durch das ehemalige Ständehaus erweitert und neu akzentuiert erscheint. In der 2. Etage besetzen Lutz Bachers spiegelnde Cyclops (2018) die Wände. Die US-amerikanische Künstlerin, die 2019 nur wenige Monate nach ihrer spektakulären Ausstellung in der Bel Etage im K21 verstorben ist, arbeitete mit gefundenem alltäglichem Material.

Den Auftakt zum Rundgang der neuen Sammlungspräsentation in der 2. Etage macht ein Doppelraum mit Werken von zwei belgischen Künstlern, Jef Geys (1934-2018) und Marcel Broodthaers (1924-1976). Während es sich bei den Arbeiten von Jef Geys um Ankäufe der Jahre 2018 und 2020 handelt, befindet sich Marcel Broodthaers‘ Musée d’Art Moderne, Département des Aigles, Section Publicité (1972) bereits seit 1999 im Besitz des Museum. Die für die Documenta 5 entstandene Section Publicité (Abteilung Werbung), mit der Broodthaers die Reihe der von 1968 bis 1972 realisierten Manifestationen seines „Museums Moderner Kunst, Abteilung der Adler“ abschloss, ist nicht nur ein kunsthistorisches Highlight sondern ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Generationen jüngerer Künstler.

Aus der Ausstellung „Ye Olde Food“ des britischen Künstlers Ed Atkins 2019 in der Bel Etage wurden Videos und Wandtext-Objekte erworben, die nun ebenfalls in der 2. Etage des K21 ausgestellt sind. Ed Atkins (*1982) gilt als einer der avanciertesten Medienkünstler unserer Zeit. In seiner Computer Generated Imagery (CGI) experimentiert er mit innovativen digitalen Technologien. Gleichzeitig greift er auf ein enormes kulturhistorisches Wissen zurück.

Aus der großen Überblicksschau von Cao Fei 2018 im K21 wird der Film Haze and Fog (2013) sowie eine fotografische Serie gleichen Titels erworben. Cao Fei (*1978) gehört gegenwärtig trotz ihrer kritischen Haltung gegenüber der chinesischen Politik und Gesell- schaft zu den prominentesten Künstlerinnen Chinas.

Junge Düsseldorfer Fotokunst mit Margarete Jakschik im K21
Der Ankauf einer Serie von Fotoarbeiten von Margarete Jakschik (*1974) bereichert den Bestand an Fotografie der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Die Absolventin der Düsseldorfer Kunstakademie, die in der Klasse von Thomas Ruff studierte und heute in Kalifornien lebt, wendet sich wie Nebenbei ihren Gegenständen zu, erfasst im Vorbeigehen Pflanzen, Bäume, die Atmosphäre ihres Gartens. Farbeffekte, Licht- und Schattenspiel ihrer Fotografien sind real, eine digitale Nachbearbeitung erfolgt nicht.

Jakschiks Konvolut wird In Nachbarschaft mit dem bereits 2011 erworbenen Video The Hierachy of Relevance (2009) von Richard T. Walker, das visuell und akustisch die Schönheit von Gestrüpp, Büschen und Felsformationen in der kalifornischen Wüste beschwört, ausgestellt. Im Kontext des thematisch arrangierten Doppelraums in der 3. Etage des K21, in dem es um Landschaft, Natur, Ökologie geht, ist mit Jan Albers‘ Skulptur smOulderbOulder (2019) eine weitere Neuerwerbung eines jüngeren Künstlers aus Düsseldorf zu sehen.