Vernetzt. Verstrickt. Verwoben. Anziehendes aus dem südlichen Abya Yala“ heißt die neue Erweiterung unserer ständigen Lateinamerika-Ausstellung. Sie ist ab 31. Juli 2020 geöffnet.

„Vernetzt. Verstrickt. Verwoben. Anziehendes aus dem südlichen Abya Yala“ ist nach der Fotoausstellung „Fragende Blicke“ 2018 eine weitere Ausstellung, zu der das Museum Fünf Kontinente Studierende der Ethnologie als Gastkurator*innen eingeladen hat. Der Fokus liegt diesmal auf Kleidung aus dem indigenen Lateinamerika oder südlichen Abya Yala, wie die Region auch genannt wird.

Die studentischen Gastkurator*innen gingen mit großem Enthusimasmus daran, die vielfältigen Bekleidungstraditionen indigener Gruppen in einem einzigen Raum präsentieren zu können und gleichzeitig die Provenienz der Objekte zu beleuchten. Sie haben Exponate ausgewählt, die exemplarisch acht Regionen repräsentieren, sie haben deren Bedeutung in den Urhebergemeinschaften untersucht, Wissenschaftler*innen interviewt, je einen Themenbereich vertieft und exemplarisch die Wege von Objekten recherchiert.

Die Ausstellung präsentiert nicht nur Designs und unterschiedliche Farben und Formen, sondern nimmt auch Bezug auf die mit der Kleidung verwobenen Themenfelder. Kleider machen Leute: Sie zeigen und verhüllen den menschlichen Körper, schützen vor den Kräften der Natur und drücken sowohl Kreativität als auch Identitäten aus. Die indigenen Gesellschaften Mittel- und Südamerikas verfügen über vielfältige textile – manchmal auch textilfreie – Traditionen von großer künstlerischer Bandbreite. Die Ausstellung „Vernetzt. Verstrickt. Verwoben.“ ermöglicht ihren Besucher*innen, jene Vielfalt auf Streifzügen durch unterschiedliche Regionen nachzuverfolgen. Sie lässt einen Blick auf Kulturen und Menschen zu, die derzeit mit extremen Herausforderungen konfrontiert sind.

Textile Traditionen Lateinamerikas reichen lange vor die europäische Invasion zurück und sind eng mit der wechselvollen Geschichte verwoben. Eine Auswahl präkolumbischer Webarbeiten lässt deren einstmalige Bedeutung erahnen. Für die Verbindung einheimischer mit kolonial-europäischen Moden stehen Kreationen aus den Anden Boliviens und Perus. Farbenprächtiger Körperschmuck der Kayapó aus Brasilien führt die unterschiedlichen Maßstäbe adäquater Bekleidung vor Augen. Von der Projektion religiöser Vorstellungswelten auf tragbare Verhüllungen zeugen Textilien der Shipibo aus Peru und Maskengewänder der Karihona Kolumbiens. Kleidung der Maya Guatemalas und der Guna Panamas stehen für die Visualisierung sich wandelnder Identitäten in gewebten und gestickten Mustern. Vom langen Widerstand seit den Zeiten inkaischer Expansion über die Kolonialzeit bis heute erzählen Kleidung und Schmuck der Mapuche.

Indigene Denker*innen und Aktivist*innen ziehen dem als eurozentrisch kritisierten Begriff Amerika oft die Bezeichnung Abya Yala, „Land in voller Blüte“ aus der Sprache der Guna im heutigen Panama vor. „Abya Yala steht programmatisch für das Ringen um Selbstbestimmung und Menschenrechte und für die vielfältigen Antworten indigener Gemeinschaften auf den Zugriff globaler Märkte auf ihre Lebensgrundlagen“, erklärt Anka Krämer de Huerta. „Doch heute sind bereits durchgesetzte Rechte wieder massiv in Gefahr und der zunehmende Druck auf indigene Gemeinschaften erreicht erneut existenzbedrohende Ausmaße“, fügt sie hinzu. Krämer de Huerta leitet das Praxisseminar, in dessen Rahmen „Vernetzt. Verstrickt. Verwoben.“ von einem Team studentischer Gastkurator*innen am Institut für Ethnologie der LMU in Kooperation mit dem Museum Fünf Kontinente entstanden ist.