Prächtiger Goldschmuck der Völkerwanderungszeit vom Schwarzen Meer, silberne Gewandspangen und reich verzierte Gürtel des frühen Mittelalters aus Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland: Erstmals seit über 80 Jahren werden Teile der bedeutenden Sammlung von Johannes von Diergardt wieder in Berlin zu sehen sein.

Im Herbst 1934 ging dem Museum für Vor- und Frühgeschichte ein wichtiger Teil seiner Ausstellung verloren: Edelsteinbesetzte Gürtelschließen, kunstvoll geformte Broschen und mit den Darstellungen von Tieren und Fabelwesen verzierte Schmuckstücke – all diese prächtigen Stücke, meist Beigaben, die Verstorbenen einst mit in ihre Gräber gelegt worden waren, waren Leihgaben, die Johannes Freiherr von Diergardt (1859–1934) dem Museum zur Verfügung gestellt hatte.

Der Millionär aus dem Rheinland, dessen Großvater als Samt- und Seidenverleger großen Reichtum erlangt hatte, war spätestens 1906 mit dem Berliner Museum in Kontakt getreten und hatte ihm kleinere Schenkungen und umfängliche Leihgaben für seine Ausstellung zukommen lassen. Vor allem erwarb er Stücke aus der Völkerwanderungszeit und dem frühen Mittelalter, die aus dem Raum nördlich des Schwarzen Meeres, aber auch aus Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien stammten.

Von Diergardt mied öffentliche Auftritte. Öffentlichkeitsscheu wie er war, verlangte er, sein Name solle nicht in den Aufzeichnungen des Museums auftauchen und dürfe keinesfalls bekannt werden. In den Akten des Museums für Vor- und Frühgeschichte firmiert er daher schlicht unter der Bezeichnung „ungenannter Gönner“. Weiter ist über den Sammler wenig bekannt. Hinter den glänzenden Dingen bleibt er verborgen, zumal er die meisten Stücke nicht aus eigenem Sammelinteresse, sondern für das Museum, dem er sich so verbunden fühlte, erworben hatte. So besuchte von Diergardt als älterer Herr des Öfteren nach der Schließung das Museum, ihm wurde ein Stuhl bereitgestellt, und inmitten der von ihm zusammengetragenen Schätze tauschte er sich mit den dortigen Wissenschaftlern aus.

Doch der nahezu unerschöpflich wirkende Reichtum von Diergardts schwand während der Weltwirtschaftskrise seit Ende der 1920er-Jahre. Daher sah er sich – bereits fortgeschrittenen Alters – gezwungen, seine Sammlung zu verkaufen. Die zahlreichen Preziosen hätten in Berlin bleiben können, wo sie auch schon länger ausgestellt worden waren. Doch das Berliner Museum zögerte mit einem konkreten Kaufangebot. Johannes von Diergardt verstarb. Seine Erben gaben dem Wallraf-RichartzMuseum in Köln den Zuschlag, das schneller und entschiedener reagiert hatte. Alle Objekte kamen so nach Köln. Dort bildeten sie einen Grundstock des späteren Römisch-Germanischen Museums, in dessen Dauerpräsentation sie bis heute zu sehen sind.

Die Generalsanierung des Kölner Museums bietet nun die Gelegenheit, die Schätze nach über 80 Jahren wieder der Berliner Öffentlichkeit zu präsentieren.

Die „Sammlung Diergardt“ deckt viele geographische Räume und chronologische Epochen ab. Archäologische Funde des nördlichen Schwarzmeerraumes sind in besonders großer Zahl vorhanden. In dieser Region, vor allem auf der Halbinsel Krim, trafen über die Jahrhunderte ganz verschiedene kulturelle Traditionen aufeinander: Skythen und Griechen, Sarmaten und Römer, Germanen und Hunnen hinterließen dort ihre Spuren. Auch die „Krone von Kertsch“, die der Ausstellung ihren Namen gibt, stammt vom Schwarzen Meer. Mit roten Edelsteinen besetzt war das völkerwanderungszeitliche Diadem einst der Bestattung einer vornehmen Dame in der Nekropole von Pantikapaion, dem heutigen Kertsch, beigegeben worden.

Neben vielen frühgeschichtlichen Stücken des 1. Jahrtausends n. Chr. beinhaltet die Sammlung Zeugnisse weit älterer Epochen der Menschheitsgeschichte, so etwa aus dem 5. Jahrtausend v. Chr., als die Menschen in Europa langsam begannen, Schmuck und Gerät aus Metall herzustellen, oder aus der Zeit der Etrusker.

Im Rahmen der Ausstellung erscheint im November 2017 die Begleitpublikation „Schätze aus Europas Frühzeit – Der Sammler und Mäzen Johannes Freiherr von Diergardt“ im Verlag Schnell und Steiner, ca. 120 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-7954-3293-5, Museumspreis: 19,90 €.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Mittwoch: 10:00 - 18:00 Uhr
Donnerstag: 10:00 - 20:00 Uhr
Freitag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: smb.museum