Seit mehr als 200 Jahren sind Schrebergärten fester Bestandteil der deutschen Kultur. Sie dienen nicht nur als persönliche Rückzugsorte und Freizeitoasen, sondern spiegeln stets auch gesellschaftliche Entwicklungen und kulturelle Wertesysteme wider. Die Ausstellung in der Rathaushalle Frankfurt (Oder) beleuchtet diesen besonderen Mikrokosmos durch die Arbeiten von 14 renommierten Künstler*innen und zeigt, wie sich das Bild des Schrebergartens in den letzten fünf Jahrzehnten gewandelt hat.

Mit rund 140 Werken – mehrheitlich Fotografien – spannt die Schau Schrebergärten. Streifzüge durch einen Mikrokosmos einen Bogen von den 1970er Jahren bis in die Gegenwart. Dabei werden unterschiedliche Aspekte des Kleingartenlebens in den Blick genommen – von der Ästhetik der Gärten über die charakteristischen Nutzbauten bis hin zu den Menschen, die diese Orte prägen. Die präsentierten Künstler*innen dokumentieren mit ihren Werken die vielschichtige Realität der Kleingartenkultur. Ihre Bilder ermöglichen erstaunliche Einblicke in eine oft idealisierte Welt, in der sich Klischees und Vorurteile, aber auch der individuelle Ausdruck der Kleingärtner*innen verdichten. Besonders in den vergangenen Jahren hat sich das Image der Schrebergärten gewandelt: Einst als spießig belächelt, stehen sie heute für den Wunsch nach Naturnähe, Nachhaltigkeit und Selbstversorgung.

Ein zentrales Motiv der Ausstellung ist die Gestaltung der Gärten und ihre oft eigensinnigen, kreativ improvisierten Lauben, Hütten und Schuppen. Diese Bauwerke zeugen von Erfindergeist ihrer Besitzer*innen und reflektieren gleichzeitig individuelle Träume und Lebensweisen. Ebenso werden die akribisch gepflegten Gemüsebeete, Obstbäume und Pflanzungen in den Fokus gerückt. Neben der Architektur und Landschaftsgestaltung widmet sich die Ausstellung auch den Menschen selbst: Porträtaufnahmen der Kleingärtner*innen und Dokumentationen ihrer Aktivitäten offenbaren die emotionale Bindung an dieses Stück Land.

Ein weiterer Fokus liegt auf der künstlerischen Fotografie in der DDR, die sich mit dem Schrebergarten als sozialem und kulturellem Phänomen auseinandergesetzt hat. Fotograf*innen dokumentierten das Leben in den Kleingärten mit einem dokumentarischen und zugleich oft humorvollen Blick. Die DDR-Schrebergärten dienten vielen Menschen als private Rückzugsorte in einem von staatlicher Kontrolle geprägten Alltag und wurden als Orte individueller Entfaltung und Gemeinschaft erlebt. Diese Fotografien zeigen nicht nur die Eigenheiten der Kleingartenkultur, sondern auch die subtile Spannung zwischen offizieller Ideologie und gelebter Realität im Sozialismus.

Gleichzeitig widmet sich die Ausstellung auch aktuellen fotografischen Auseinandersetzungen mit der Schrebergartenkultur. Arbeiten, die zeitgenössische Entwicklungen aufgreifen zeigen, wie sich die Nutzung und Wahrnehmung von Kleingärten verändert haben. So dokumentieren diese beispielsweise die zunehmende Vielfalt der Schrebergärten, die heute vermehrt von Menschen mit Migrationshintergrund geprägt werden. Die Bilder erzählen von neuen Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens und der Transformation traditioneller Gartenstrukturen. Sie illustrieren, wie Schrebergärten in der heutigen Gesellschaft als Orte der Begegnung, des nachhaltigen Anbaus und der sozialen Vernetzung eine neue Bedeutung gewinnen.

Mit der Ausstellung lädt das BLMK dazu ein, den Schrebergarten aus neuen Perspektiven zu entdecken – als Ort zwischen Tradition und Moderne, zwischen Klischee und gelebter Realität. Die fotografischen Erkundungen eröffnen eine unerwartete Vielfalt und bieten überraschende Einsichten in diesen einzigartigen Lebensraum.

Mit Werken von Emine Akbaba, Joachim Brohm, Pedro Citoler, Lia Darjes, Margit Emmrich, Wolfgang Gregor, Frank Höhler, Harald Kirschner, Ingar Krauss, Peter Oehlmann, Michael Schade, Annette Schröter, Erasmus Schröter, Helfried Strauß


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 11:00 - 17:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: blmk.de

Wolfgang Gregor, aus der Serie: Kleingartenanlage Berlin, 1979-1980, Silbergelatineabzug © Wolfgang Gregor
25.05. - 10.08.2025

Schrebergärten. Streifzüge durch einen Mikrokosmos

Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst – Rathaushalle

Marktplatz 1
15230 Frankfurt (Oder)