Künstler:innen umweht die Aura schöpferischer Ausnahmemenschen. Sie genießen einen gesellschaftlichen Sonderstatus, der zwischen den Rollenbildern eines Bürgerschrecks, Bohemiens, des Märtyrers oder Propheten schwankt. Das Publikumsinteresse richtet sich folglich nicht nur auf ihre Kunstwerke, sondern auch auf die Schöpfer:innen, die hinter ihren Meistwerken stecken. 

Die Sonderausstellung „Face to face“ stellt die Schöpfer der Bilder mit über 100 Künstlerfotografien ins Zentrum des Interesses. Im Mittelpunkt der Präsentation stehen die Fotografien der fünf Künstler, die das Kunstmuseum Pablo Picasso in seinen Beständen vereint: neben dem Namenspatron Pablo Picasso gilt es Porträtfotos seines großen Konkurrenten Henri Matisse zu entdecken. Picassos Weggefährte Georges Braque steht ebenso im Fokus der großen Fotografen wie der eher introvertierte Joan Miró. Porträtfotos Marc Chagall runden prominent diesen Reigen der „Top five“ der klassischen Moderne ab. Die Fotos der Künstler werden in der Inszenierung der Ausstellung in Dialog mit den reichen Beständen des Hauses gestellt. So blickt beispielsweise das zeichnerische Selbstbildnis von Henri Matisse auf dessen Porträtfotos von Robert Capa.

Die Ausstellung vereint Künstlerfotografien von René Burri, Robert Capa, Philippe Halsman, Herbert List, David Seymour und Michel Sima. Sie zählen zu den renommiertesten Fotografen des 20. Jahrhunderts und hatten das Glück, die größten Künstler der Moderne vor ihre Linsen zu bekommen. Mit Ausnahme von Michel Sima arbeiteten sie alle anderen für die legendäre Fotoagentur MAGNUM, die 1947 in New York gegründet wurde und bis heute existiert. Die Fotos sind bisweilen Homestorys oder liefern intime Einblicke durchs Schlüsselloch der Künstlerateliers. Sie changieren zwischen Momentaufnahmen und durchdachten (Selbst-)inszenierungen. 

Der aus Hamburg stammende Herbert List betrachtete die „Einfühlung des Fotografen in die Persönlichkeit des Darzustellenden“ als Grundvoraussetzung für ein gelungenes Bild. Seine Fotos zeigen einen ungewohnt nachdenklichen Picasso, der durch die Bildregie des Fotografen in Zwiesprache zu seinen eigenen Werken tritt.

Im Falle von Henri Matisse zeigt sich der betagte Künstler nach einer Krebsoperation den Fotografen auf dem Krankenbett, das er zur Arbeitsstätte umwandelt hat. 

Der rastlose Magnum-Fotograf René Burri hat einmal über seine Arbeit ausgeführt: „Fotos sind wie Taxis zur Rushhour: wenn man nicht schnell genug ist, dann nimmt sie jemand anderes.“ So ist es der professionellen Schnelligkeit Burris zu danken, dass außergewöhnliche Picasso-Fotos auf uns gekommen sind.

Philipp Halsman wird in den 1940er Jahren der große Starfotograf Amerikas. Seine Fotos von Joan Miró bestechen durch eine gelöste Intimität, die der Fotograf offenbar bei den Sitzungen mit dem großen Katalanen finden konnte. Die Offenbarung der Persönlichkeit eines anderen Menschen für die Dauer eines Augenblicks einzufangen, sei die Leidenschaft seiner Existenz, resümiert Halsman gegen Ende seines langen Berufslebens. Bei den Begegnungen der Ausnahmekünstler mit den Starfotografen sprühten die schöpferischen Funken unverwechselbarer Persönlichkeiten.  Durch ihre Fotos sind wir Zeugen dieses Funkenflugs und Picasso und Co empfangen uns.