Gottfried Jäger zählt zu den wichtigsten Fotograf*innen und Fototheoretiker*innen westdeutscher Nachkriegskunst. Dem Erfinder der "Generativen Fotografie" und der Schlüsselfigur der gegenstandslosen Fotokunst widmet das Sprengel Museum Hannover eine Schau, die sich auf 400 Quadratmeter erstreckt. Die Retrospektive mit über 330 Arbeiten, die zwischen 1960 und 2020 entstanden sind, präsentiert Jägers bedeutendste Schaffensformen und -phasen.

Anknüpfend an die experimentellen und abstrakten Ansätze der 1920er-Jahre und vor dem Hintergrund einer intensiven Auseinandersetzung mit der Technik-Philosophie der Nachkriegszeit führt Gottfried Jäger, 1937 in Burg bei Magdeburg geboren, den Begriff der "Generativen Fotografie" ein. Jäger setzt den Schwerpunkt seines Schaffens dabei nicht auf die abbildende, illustrative Dimension des Mediums. Vielmehr werden ihm die fotografischen Mittel selbst zum Gegenstand, das Medium zum Objekt.

Künstlerisch geht seinen theoretischen Reflexionen die Entwicklung der Lochblendenstrukturen voraus, die die Ausstellung in verschiedenen Ausformungen zeigt. Sie bestreiten Jägers bekannteste Werkreihen und sind sowohl in Schwarzweiß als auch in Farbe gefertigt. Auch digitalen Techniken gegenüber ist Jäger aufgeschlossen: Die Mosaike aus dem Jahr 1996 entstehen beispielsweise durch die Verwendung eines digitalen Bildbearbeitungsprogramms. Für die originellen, aus der Bearbeitung hervorgehenden Formen verringert Jäger die Pixeldichte der komplexen Lochblendenmuster.

Jäger beeinflusste Generationen von Fotograf*innen als Pionier ungegenständlicher Fotografie sowie als Lehrender der FH Bielefeld. Sein eigenständiger und unverwechselbarer Ansatz ist prägend für die (nach-)moderne künstlerische Fotografie.

"Die Zugehörigkeit seines Ansatzes zum Diskurs der Kunst stand nie zur Debatte", beschreibt es Kurator Stefan Gronert. Jäger sei eine Schlüsselfigur der deutschen Fotografie, in zahlreichen Publikationen und Ausstellungen zur abstrakten und experimentellen Kunst und Fotografie vertreten. "Eine Retrospektive seines Werkes, wie Sie nun im Sprengel Museum Museum Hannover zu sehen ist, ist sie doch längst überfällig", so Grohnert weiter.

LOCHBLENDENSTRUKTUREN
Die Lochblendenstrukturen beruhen auf dem Prinzip der Camera obscura und gehen von der punktförmigen Erscheinung des Lichtes auf empfindlichem Fotopapier aus. Jäger produziert hierfür eine Lochblende, die 50 Bildpunkte beinhaltet. Darüber setzt er weitere, teils verschobene Lochblenden, die ein Muster ergeben, das wiederum variiert werden kann. Verallgemeinernd könnte man sagen, dass die Lochblendenstrukturen eine dynamische Wahrnehmungserfahrung ermöglichen, man Stefan Gronert.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Wienand Verlag. 188 Seiten kosten 28 Euro. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Museum im Kulturspeicher, Würzburg, wo sie in abgeänderter Form vom 17. Juni bis 10. September 2023 zu sehen ist.

Ursel Jäger, Gottfried Jäger zeigt seine Lochblendenstruktur 3.8.14 F 2.6, 1967; Pressefoto, 1968
08.02. - 23.04.2023

Gottfried Jäger: Fotografien der Fotografie. Generative Systeme1960 bis 2020

Sprengel Museum Hannover

Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover