Mit künstlerischen Beiträgen von Lisa Maria Baier, Ksenia Kuleshova, Irma Markulin, Irène Mélix, Liz Rosenfeld, Angelina Seibert, Liliana Zeic.

Die Show versammelt künstlerische arbeiten von sieben Künstler*innen unter anderem aus Bosnien, Deutschland, Polen, Russland und den USA. Ein vielfältiges und Genre über greifende Spektrum von Druckgrafiken und Holzintarsien, über raumgreifend Skulpturen und Installationen bis hin zur Fotografie, Video- und Soundinstallationen veranschaulicht die Themen der Ausstellung: es wird gekämpft - nach wie vor - um unvermeidliche Naturen, Rollen und Positionen und das individuelle Recht, Liebe und Zuneigung, aber auch Nähe und Erotik selbst zu definieren. Denn während nach wie vor ein massiver Druck auf weibliche Identitätsvorstellungen und Lebensentwürfen besteht, definieren sich jüngere Generation längst anders und wenden sich von den über kommenden Mustern findet sich hier noch ein gemeinsamer Weg? Eine Nähe zueinander? Oder haben wir zeitweise das Gefühl uns wieder voneinander zu entfernen, wenn politische, feministische oder LGBTQIA+-orientierte Errungenschaften immer wieder infrage gestellt werden?

Ksenia Kuleshova zeigt in ihrer Fotoserie Ordinary People seit 2018 den intimen Alltag queerer Menschen in Russland und Osteuropa, die trotz der unerbitterlichen Homophobie von Politik und religiösen Führungen nicht nur privates Glück und Liebe suchen, sondern die sich auch über das Private hinaus für eine LGBTOIA+ Community einsetzen.

Werke von Angelina Seibert und Irene Mélix spiegeln die historische wie auch aktuelle (Un-)Sichtbarkeit von Sorge- und Hausarbeit wie auch Erinnerungen an wichtige Stationen der Arbeiter*innenbewegung des frühe 20. Jahrhunderts, die heute hochaktuell erscheinen, so der Streik der überwiegend weiblichen Arbeiterinnen in der sächsischen Textilfabrik von 1Crimmitschau von 930/1904.

Wer schreibt wessen Geschichte und wie erfahren wir, dass wir nicht allein sind mit unseren Konflikten und Sehnsüchten? Irma Markulin befragt in ihren Werken die ambivalente Repräsentation von Frauenfiguren in der Geschichte der K. u. K. Monarchie oder auch in den französischen Filmen der Nouvelle Vague der 1960er.

Werke von Liliana Zeic (Sourcebook, seit 2020) aber auch Kenia Kuleshova lenken den Blick darauf, wie es Archive Menschen in widrigen Bedingungen frauenfeindlicher und homophober Regime ermöglichen, ihre eigenen Zugänge im Wissen um die Geschichte selbstbestimmt und emanzipiert zu finden. Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist der Bedeutung von Archiven mit Sammelschwerpunkten zu feministischen oder queren Inhalten gewidmet, die zumeist in nicht-öffentlicher, ehrenamtlicher Trägerschaft oder eigeninitiativ gegründet wurden.

Die zunehmend durch rechte Ideologien und Gesetzgebungen verschärfteSituation von queeren  Menschen wie auch von Frauen ist eines der wesentlichen Themen der Fotografien und Installationen von Liliana Zeic. Bereits seit mehreren Jahren setzt sie sich auf ebenso humorvolle wie zugleich sarkastische Weise mit der Rückkehr zu patriarchalen Rollenbildern und anachronistischen Ideologien in Polen auseinander, unter anderem in ihren Werken Selfportrait with borrowed man und Blue blood. On TV I'm always a queen (2012). Auch Protest und Wut sind dabei existentielle Motive, so widergespiegelt in ihrem poetischen Videomanifest Strong Sisters told their brothers von 2019, die den Kampf um Würde und Anerkennung individueller Lebensgestaltung und das Recht auf Selbstbestimmung und Liebe begleiten.

Ebenfalls Teil der Ausstellung in Form einer öffentlichen Lagerung ist das Werk Kulisse der Künstlerin Lisa Maria Baier, die sie 2021 im Rahmen des Kunstfestivals „Görlitz Art" für den öffentlichen Görlitzer Stadtraum konzipierte. Die Installation widmete sie unter anderem den Protesten gegen die verschärfte Abtreibungsgesetzgebung in Polen. Auf Druck des Görlitzer Kulturbürgermeisters musste die Arbeit noch vor der Eröffnung abgebaut werden.

Ziel der Ausstellung ist es, die in den künstlerischen Werken angesprochenen sensiblen und zugleich hochaktuellen Haltungen und Themen an ein breites Publikum unterschiedlicher Generationen zu vermitteln. Dabei wird an den ausgestellten Werken (Liz Rosenfeld, Liliana Zeic) erkennbar, dass auch die Gestaltung einer selbstbestimmten positiven und vielleicht sogar therapeutisch zu verstehenden Erotik einen eigenen politischen Raum einnimmt.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Donnerstag: 14:00 - 19:00 Uhr
Freitag - Sonntag: 11:00 - 19:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: kunsthausdresden.de

© Anja Schneider
10.03. - 30.04.2023

Eine Frage der Nähe / A Question of Closeness

Kunsthaus Dresden – Städtische Galerie für Gegenwartskunst

Rähnitzgasse 8
01097 Dresden