Mit einer Neupräsentation von über 80 Werken französischer und deutscher
Im­pressionist*innen wirft die Hamburger Kunsthalle einen frischen Blick auf den Impressionismus und zeigt eine der prägenden Kunstrichtungen der Moderne als ein europäisches Phänomen. In fünf umgestalteten Sälen der Lichtwark-Galerie werden Gemälde, Plastiken und Pastelle in neuen Konstellationen präsentiert: Hauptwerke von Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, dem »Drei­gestirn des Deutschen Impressionismus«, treffen auf französische Ikonen wie Édouard Manet, Auguste Renoir und Claude Monet. Die Schau spannt auch den Bogen zu Werken von Künstler*innen, die in der Hamburger Kunsthalle seit langem nicht präsentiert wurden. Dazu zählen Gemälde von Alma del Banco,

Paul Baum, Ivo Hauptmann, Maximilien Luce, Henri Martin oder Lesser Ury. Ergänzt wird die Präsentation durch einige Plastiken sowie eine Auswahl an Pastellen – etwa von Edgar Degas, Ludwig von Hofmann, Jean-François Millet und Max Liebermann. Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen zählt zu einer Reihe von Neueinrich­tun­gen des Sammlungsrundgangs durch acht Jahr- hunderte Kunstgeschichte in der Hamburger Kunst­halle, welche die Sammlung unter neuen Frage­stellungen und in neuem Licht präsentieren.

Die Neuerzählung zum Impressionismus verdeutlicht anhand pointiert gegenüber­gestellter Exponate, wie die von Frankreich ausgehenden Impulse in Deutschland aufgegriffen und produktiv weiterverarbeitet wurden: Claude Monets Waterloo-Bridge (1902) erscheint im Dialog mit Lovis Corinths Blick auf den Köhlbrand (1911), Pierre Bonnards Lampionkorso auf der Außenalster (1913) begegnet

dem Abend am Uhlenhorster Fährhaus (1910) von Max Liebermann und Édouard Ma­nets Jean-Baptiste Faure in der Oper Hamlet (1875/77) trifft mit Der schwarze d’Andrade (1903) von Max Slevogt zusammen. Die Kapitel »Porträt«, »Land­schaft«, »Auftritt und Inszenierung«, »Ansichten der Stadt«, »Stillleben« und »Pastelle« veranschaulichen, mit welchen Themen und Motiven sich die Maler*in­nen rechts und links des Rheins beschäftigten, woher sie ihre wesentlichen Im­pulse bezogen und welche Wechselwirkungen visuell und historisch nachvoll­ziehbar sind.

Der Impressionismus, der ab den 1870er Jahren in Frankreich entstand und sich zunächst dort etablierte, verlor bereits mit Beginn des Ersten Weltkriegs in seinem Geburtsland an Bedeutung. Hingegen reichten die impressionistischen Strömungen in Deutschland bis weit in die 1920er Jahre hinein. Um die Jahrhun­dertwende machten sich auch einige deutsche Museumsdirektoren mit Ausstellungen und Ankäufen gezielt für den Impressionismus stark. In Hamburg sorgten Alfred Lichtwark (1852–1914) und Gustav Pauli (1866–1938) mit ihren Erwerbungen deutscher und französischer Hauptwerke dafür, dass die Kunsthalle heute eine der bedeutendsten Sammlungen impressionistischer Malerei in Deutschland besitzt.

Die Schau eröffnet aber auch die Perspektive auf die Klassische Moderne und fragt, inwiefern der Impres­sionismus für die nachfolgende Generation relevant blieb. Max Beckmann, Emil Nolde, die Künstlerge­meinschaft »Brücke«, aber auch die Mitglieder der Hamburgischen Sezession durchliefen zumindest in ihren Frühwerken impressionistische Phasen.

Der reichbebilderte Katalog (Wienand Verlag, 25 Euro) präsentiert Hauptwerke der Sammlung in neuen Konstellationen, führt in die Kapitel der Präsentation ein und erläutert in Essayform historische Hinter­gründe. Vermittlungsangebote wie ein Multimediaguide (geeignet auch für Kinder ab 8 Jahren) in der App der Hamburger Kunsthalle (Deutsch /Englisch) ergänzen die Präsentation ebenso wie ein Begleitheft, dass sich an Familien mit Kindern ab 5 Jahren richtet und bis zum Jahresende 2021 analog und digital noch erscheinen wird.

Dem Projekt Impressionismus. Deutsch-französische Begegnungen ist die Neugestaltung des Makart-Saales mit der Präsentation MAKING HISTORY. Hans Makart und die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts (seit 1. Oktober 2020) und die Skulpturenpräsen­tation VON MISCHWESEN. Skulptur in der Moderne (seit 25. April 2021) vorangegangen. In den kommenden Jahren wer­den auch die Bereiche Kunst der Gegen­wart (2022, mit der Präsentation something new, something old, something desired), der Klassischen Moderne (geplant für 2023) und der Alten Meister (geplant für 2024) neu erzählt. Die Sammlung der Hamburger Kunsthalle gehört zu den bedeutendsten Nordeuropas – mit ihren Neuer­zäh­lungen zeigt das Museum dem Publikum seine Schätze in neuen Zusammenhängen und aus verschiedenen Perspektiven.