Roy Lichtenstein (1923-1997) und Robert Rauschenberg (1925-2008) gehören zu den wichtigsten Vertretern der amerikanischen Pop Art der 1960er Jahre. Innerhalb ihres Oeuvres nimmt das Künstlerplakat – ein anspruchsvolles, vom Künstler entworfenes Werk, das in kleiner Auflage, oftmals signiert und nummeriert, zu bestimmten Anlässe entstand ist - einen wichtigen Stellenwert ein.

Die Ausstellung mit mehr als 100 Künstlerplakaten gibt einen retrospektiven Überblick über das Schaffen beider Künstler innerhalb dieses Mediums und spiegelt gleichzeitig den Zeitgeist der amerikanischen Gesellschaft ab den 1960er Jahre wider. 

Das Ziel der Pop Art Künstler war - im Gegensatz zum bis dahin führenden Stil des abstrakten Expressionismus – die Gegenstandslosigkeit der Malerei zu überwinden, sowie Kunst und das alltägliche Leben miteinander zu verbinden, indem zitathaft oder metaphorisch auf die an Konsumgütern und Werbung immer mehr angereicherte Lebenswelt Bezug genommen wurde. 

Während in Europa das Plakat schon längst zum festen Bestandteil innerhalb des Werkes eines Künstlers gehörte, fand dieses Medium in Amerika erstmals in den 1960er seine Ausprägung. Den Ausgangspunkt des Genres nahmen die von New Yorker Galerien an die Künstler in Auftrag gegebenen Ankündigungen ihrer Ausstellungen, die sogenannten Announcements, die gefaltet an Kunden verschickt wurden. 1959 schuf Robert Rauschenberg mit einer Ausstellungsankündigung das erste Künstlerplakat Amerikas. Aus diesen Anfängen entwickelten sich in einem erstaunlichen Umfang großformatigere Künstlerplakate, die sowohl politische als auch gesellschaftsrelevante und kulturelle Themen zum Inhalt hatten. 

So entwarf Robert Rauschenberg - parallel zu seinen eigenen Ausstellungs-ankündigungen - Künstlerplakate für kulturelle Einrichtungen, wie u.a. dem St. Louis Symphony Orchestra, Grand Opera House Houston, New York Philharmonie und South Africa Festival. Politische Aktionen unterstützte er, indem der Erlös eines verkauften Künstlerplakates der entsprechenden Organisation zugutekam: er schuf Entwürfe für Aids-Organisationen, er machte sich gegen Apartheid stark, warb für die Rechte von Kindern und setzte sich für den Erhalt der Umwelt ein.

Aus den anfänglich schlichten, nahezu nur typographisch angelegten Plakaten, entwickelten sich in der raffinierten Manie Rauschenbergs Plakate mit Farb- und Motivschichtungen, in denen Typographie mit Zeichnungen, Fotografien und Zeitungsauschnitte verwoben wurde. Durch den Offsetdruck erfuhr das Ausgangswerk seine Multiplizierung.

Eine bedeutende Rolle spielte „Rauschenberg Overseas Culture Interchange“, kurz ROCI, in den späten 80er Jahren. Diese auf kulturellen Austausch bedachte Ausstellung tourte durch jene Staaten, zu denen die Supermacht noch immer ein angespanntes Verhältnis hatte: Mexiko, Chile, Kuba, China und die Sowjetunion.

Den vorteilhaften Einsatz eines Plakates zum Zweck des Fundraisings wurde auch in der Gesellschaft erkannt. So unterstützte der Industrielle Albert A. List mit dem Erlös einer Plakatserie durch die Initiative „List Art Poster Program“ ab 1962 das New Yorker Lincoln Center. 1965 finanzierte die Ketchup Firma Heinz den Druck von 25 Künstlerplakaten, um die New Yorker Literaturzeitschrift „Paris Review“ finanziell zu entlasten. Roy Lichtenstein zählte neben Robert Rauschenberg und anderen zu den beauftragten Künstlern für diese Plakatentwürfe. 

Anfang der 1960er Jahre begann Roy Lichtenstein, der ein Kunststudium und rund zehn Jahre professionelle Malerei hinter sich gelassen hatte, mit den Motiven, die einen radikalen Bruch bedeuteten: er übernahm bis dahin nicht kunstwürdige, alltägliche Sujets aus der Werbe- und Comicwelt, die er plakativ vergrößerte und zu seinem Markenzeichen wurden.

Mit der Beschränkung auf kräftige Primärfarben sowie die Auflösung in vergrößerte Rasterpunkte, den sogenannten Benday-Dots, verweist Lichtenstein auf die Bildästhetik und Herstellungstechniken der Werbebranche. Der bewusste Einsatz von industriell-kommerziellen Produkten sollte eine Annäherung zwischen konsumorientierter, banaler „Alltagswirklichkeit“ und elitärer „Kunstwelt“ bewirken. 

Der Begriff „Pop Art“ wird daher im Hinblick auf die Bildquellen seit den sechziger Jahren als Verkürzung von „popular art“ (populärer Kunst) verstanden, kann aber von „pop“ für Stoß, Knall abgeleitet werden. Dieser Gegensatz zwischen Hochkultur und Trivialkunst stand auch im Fokus der Werke Lichtensteins, in denen er Stilmittel des Art Decos, Futurismus und Dadaismus paraphrasierte. 

Roy Lichtensteins Formensprache eignete sich mit ihren festen Strukturen und klaren Motiven in idealer Weise für dieses Medium – dem Künstlerplakat.

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg. Dank der großzügigen Schenkungen des Hamburger Sammlers Claus van der Osten verfügt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, über eine bedeutende Sammlung von Plakaten beider Künstler.
Konzeption der Ausstellung: Susanne Flesche, Kunsthistorikerin


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 17:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: kunsthausapolda.de