Mit der neuen Sonderausstellung nimmt die Liebermann-Villa zwei Schlüsselfiguren der Berliner Kunstszene des späten 19. Jahrhunderts in den Blick: Felicie (1849-1908) und Carl (1842-1894) Bernstein. Das jüdische Sammlerpaar legte den Grundstein für die Etablierung des französischen Impressionismus im kaiserlichen Berlin.
DR. EVELYN WÖLDICKE, DIREKTORIN DER LIEBERMANN-VILLA:
„Wir möchten Felicie und Carl Bernstein zurück ins kulturelle Gedächtnis holen. Ihre Geschichte steht exemplarisch für das weltoffene und wesentlich von jüdischen Akteuren mitgestaltete Kulturleben in Berlin. Gerade heute, in einer Zeit, in der die Erinnerungskultur an Bedeutung gewinnt, ist es wichtig,ihre Geschichte zu erzählen. Die Ausstellung beleuchtet ein weitgehend vergessenes Kapitel der Kulturgeschichte, das heute im Berliner Stadtbild kaum noch sichtbar ist."
FRANZÖSISCHE MEISTERWERKE IN BERLIN
Im Sommer 1882 brachten Felicie und Carl Bernstein eine herausragende Gruppe französischer impressionistischer Gemälde nach Berlin - darunter Werke von Claude Monet, Édouard Manet, Alfred Sisley und Camille Pissarro. Ein Jahr später ermöglichten sie deren erste öffentliche Präsentation in der Kunsthandlung Fritz Gurlitt - in einer Zeit, als diese Stilrichtung in Deutschland noch stark umstritten war und in der kaiserlichen Metropole Bewunderung und heftige Diskussion gleichermaßen hervorrief.
SALONKULTUR IM TIERGARTENVIERTEL
Felicie und Carl Bernstein, beide aus jüdischen Familien im Russischen Reich stammend, versammelten in ihrem Salon im Tiergartenviertel jeden Mittwochabend bedeutende Protagonisten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft der Zeit. Johanna von Tuhr beschrieb die Atmosphäre in ihrem Hause als einen Ort „geistiger Freiheit", in dem Ansichten aus aller Welt aufeinandertrafen und kulturelle Weltoffenheit gelebt wurde. Kunstschaffende wie Max Klinger, Sabine und Reinhold Lepsius sowie Max Liebermann gehörten zu den regelmäßigen Gästen.
VIKTORIA KRIEGER, KURATORIN UND PROJEKTLEITERIN:
„Max Liebermann fand im Salon der Bernsteins endlich Gleichgesinnte. In ihrem Kreis wurde zu den neuesten Kunstströmungen debattiert - ein inspirierendes Umfeld, das ihm entscheidende Impulse für sein weiteres künstlerisches Schaffen gab. Liebermann schätzte das internationale Flair, das die Bernsteins nach Berlin brachten und fühlte sich bei ihnen wie in eine andere Stadt versetzt - nach Paris. Eine große Freude ist es für uns, dass wir neben Leihgaben aus Berlin, Dresden, Köln, Bremen und der Schweiz auch eines der damals diskutierten impressionistischen Werke bei uns zeigen dürfen, die „Seine bei Argenteuil" von Alfred Sisley, heute in den USA."
Nach dem Tod Carl Bernsteins im Jahr 1894 ließ Felicie den Salon wiederaufleben, 1908 wurde die wertvolle Sammlung schließlich aufgelöst. Heute ist sie weltweit verstreut - nur wenige Spuren erinnern noch an das Wirken dieses kunstsinnigen und kosmopolitischen Sammlerpaars.
EMILY D. BILSKI, GASTKURATORIN:
„Ich begegnete Felicie und Carl Bernstein zum ersten Mal im Rahmen meiner Ausstellung „Berlin Metropolis: Jews and the New Culture" (1999) für das Jüdische Museum New York. Ich war sofort fasziniert davon, wie die Bernsteins Kunst in ihr Leben brachten, wie Dinge geliebt und mit anderen geteilt wurden. Mit meiner Kollegin und Freundin Chana Schütz entstand die Idee, den Bernsteins eine eigene Ausstellung zu widmen - um ihre Geschichte dorthin zurückzubringen, wo sie begann: nach Berlin, wo sie einst so entscheidende Impulse für die künstlerische Moderne setzten."
DR. CHANA SCHÜTZ, GASTKURATORIN:
„Die Ausstellung lädt ein, in die versunkene Welt der Bernsteins einzutauchen. Eine Welt, deren Geschichte zugleich eine Spurensuche durch das verschüttete kulturelle Gefüge Berlins ist. Sie führt uns zu den zerstörten Wohnungen des Paars am Tiergarten - dort, wo sich heute das Haus der Kulturen der Welt befindet - bis hin zu Institutionen wie der Alte Nationalgalerie und dem Kupferstichkabinett, denen Felicie Bernstein in ihrem sorgsam geregelten Nachlass zentrale Werke aus ihrer Sammlung vermachte.*
Begleitend zur Ausstellung erscheint beim Hirmer Verlag ein Katalog mit Beiträgen, die die Familie Bernstein in den historischen und kulturellen Kontext ihrer Zeit einbetten. Basierend auf den langjährigen Recherchen der Gastkuratorinnen wird die Lebensgeschichte des Sammlerpaars sowie die heute verstreute Kunstsammlung so umfassend wie möglich anschaulich rekonstruiert.
Öffnungszeiten:
Mittwoch - Montag: 10:00 - 18:00 Uhr
Dienstag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: liebermann-villa.de