Mit der Ausstellung ON AIR widmen sich die Kunstmuseen Krefeld erstmals der Macht der Klänge und Geräusche. In der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre werden Laute, Töne, Krach, die Stille wie auch Musikstücke zum Werkstoff, der eine neue Form der Plastizität und ein anderes Verständnis von Raum ermöglichte. Die Objekte, Installationen und Videoarbeiten, die nun entstehen, sind mehr Ereignis und Prozess, denn ein auf Ewigkeit angelegtes Kunstwerk. Zwanzig künstlerische Positionen skizzieren in der Ausstellung anhand von rund fünfzig Objekten, Installationen, Papierarbeiten, Bildern, Videos und Performances eine frühe Sound Art, wie sie sich von der Kinetik bis zur Konzeptkunst entwickelt hat. „Die Ausstellung", so die Direktorin Katia Baudin, „ist aus dem Kontext unserer eigenen Museumsgeschichte entstanden. In unserer Sammlung befinden sich einige beeindruckende Soundobjekte von Yaacov Agam, Hermann Goepfert oder auch von Yves Klein und Takis.

Zusammen mit internationalen Leihgaben werden sie zum ersten Mal gemeinsam ausgestellt. So entsteht ein überaus spannendes audiovisuelles Panorama einer der wohl experimentierfreudigsten Phasen in der Kunst des 20. Jahrhunderts."

Ab den 1950er Jahren kommt Bewegung in die Kunst, und viele Künstlerinnen erproben Materialien und Dinge, die zuvor im Kunstkontext nicht anzutreffen waren. Es wird mit Feuer, Fett, Kohle und neuartigen synthetischen Stoffen wie auch mit akustischen Klängen - von der Stille über Krach bis zur klassischen Partitur - experimentiert. Sound, Geräusche werden als plastisches und zugleich zeitliches Material betrachtet und eingesetzt. Künstlerinnen nutzen alltägliche und industriell gefertigte Dinge und Maschinen als Klangquellen, ebenso wie sie mit elektronisch produzierten Klängen (Radio, Tonband, Video) arbeiten. Beispielsweise verwendet der Schweizer Künstler Jean Tinguely Teile der Mechanik eines Bahnübergangs, setzt sie zu einem fantastischen Objekt neu zusammen und erzeugt einen durchdringend Bing-Ton, der unweigerlich an eben diese Situation, den Bahnübergang, erinnert; oder Bruce Nauman spielt auf der Violine und stellt durch einen permanent sich wiederholenden Anstrich der Saiten einen minimalistischen, anstrengenden Sound her, der mit dem Videobild eine Synthese eingeht.

In dieser Phase der Entgrenzung der Kunst werden Kunstschaffende zu Forscherinnen, Technikerinnen und suchen die Nähe zur internationalen Szene der Neuen Musik. Der amerikanische Komponist John Cage, der die alltägliche Geräuschkulisse zum Kompositionselement macht, bildet für viele einen wichtigen Bezugspunkt - ebenso wie beispielsweise das Studio für Elektronische Musik des WDR in Köln mit Karlheinz Stockhausen eine Zentrale für einen interdisziplinären Austausch darstellt. Die klingenden, ratternden, kreischenden Objekte und Installationen fordern bis heute ein Sehen, Hören und Teilhaben, dem sich Betrachterinnen nicht entziehen können und das eine synästhetische Wahrnehmung fordert.

Die Ausstellung ON AIR gibt außergewöhnliche Einblicke in die Kunst der 1950er bis 1970er Jahre und konzentriert sich auf die Wechselwirkung zwischen Sound und Objekt, Sound und Raum. Sie leistet damit eine Tiefenbohrung auf dem weiten Feld der Sound Art.

Mit der choreografierten Präsentation, die den Rundgang auf der zweiten Etage des Kaiser Wilhelm Museums zu einem audiovisuellen Erlebnis macht, geht das Museum ab dem 25. November ON AIR, auf Sendung.

RESONANZRAUM
Thematisiert die Ausstellung, wie bildende Künstler Sound als Material einsetzten, so wechselt der Blick im RESONANZRAUM hin zur Musik. Er zeigt, wie Komponistinnen und Musikerinnen mit alltäglichen Dingen und elektronischer Technik neue, plastische Klänge entwickelten. Diese Umkehrung der Perspektive verdichtet das klingende Bild der Zeit und macht zugleich deutlich, wie bildende Künstlerinnen und Musiker;innen immer wieder auch gemeinschaftlich gearbeitet haben.
Partner: Musikwissenschaftliches Institut der Universität zu Köln, Niederrheinische Sinfoniker, Theater am Marienplatz, Mediothek und Christian Faubel-

Künstler:
Yaacov Agam, Arman, John Baldessari, Joseph Beuys & Henning Christiansen, Pol Bury, Jan Dibbets, Herman Goepfert, Yves Klein, Jannis Kounellis, Bernhard Leitner, Bruce Nauman, Reiner Ruthenbeck, Curt Stenvert, Daniel Spoerri, Takis, Jean Tinguely, David Tudor & Composers Inside Electronics, Günther Uecker, Timm Ulrichs, Günter Weseler

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit dem Museum Tinguely in Basel.