Erstmals wird das künstlerische Schaffen von Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938) im Rahmen einer monografischen Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage in Ingelheim präsentiert. Mit über 90 Werken – Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafik und einigen beispielhaften Gemälden – werden Einblicke in die wichtigsten Stationen eines der bedeutendsten und einflussreichsten Künstler in Deutschland gewährt.

Angepasst an die Ausstellungsfläche des Kunstforums Ingelheim – Altes Rathaus – sieht das Konzept der Kuratoren Dr. Ulrich Luckhardt und Dagmar Lott M.A. eine auf fünf Räume präzise zugeschnittene Auswahl an Werken vor, die einen Einblick in das Schaffen Kirchners ermöglicht. Jeder der Ausstellungsräume veranschaulicht eine »Station« im Leben und im künstlerischen Wirken des Künstlers. Ausgewählt wurden Motivgruppen, denen sich Kirchner in der jeweiligen Entstehungszeit besonders intensiv widmete und die seine thematische wie stilistische Entwicklung exemplarisch verdeutlichen.

1. Station: Dresden. Das Atelier als Ort der Freiheit
Für den jungen Künstler, der in Dresden Architektur studierte, ist es zunächst das Atelier, das ihm als Ort der Freiheit Raum für ein ungezwungenes Leben und künstlerisches Schaffen bot. Weibliche und männliche Modelle, die sich freizügig im Atelier Kirchners bewegen und zeichnen lassen, stehen im Zentrum der Jahre 1908 bis 1910. Eine wichtige Rolle zwischen den kleinen, intimen Darstellungen und den Gemälden spielen dabei großformatige Zeichnungen und Holzschnitte, mit denen Kirchner bildmäßige Kompositionen schafft.

2. Station: Berlin. Straßenszenen
Bereits vor seinem Umzug nach Berlin 1913 verändert sich Kirchners Stil, weg von der fließenden Linie hin zu einer kantigeren Bildsprache. Diese kommt ihm bei den Berliner Straßenszenen entgegen, in denen er auf ungewöhnliche Weise die Beziehungen zwischen Kokotten und ihren Freiern beobachtet.

3. Station: Fehmarn. Einheit von Mensch und Natur
Der Großstadt entfliehend, findet Kirchner seit 1912 eine quasi exotische Idylle auf der Ostseeinsel Fehmarn, wo er seine Vorstellungen von der Einheit von Mensch und Natur verwirklicht sieht. Das manchmal raue Wetter und das Treiben der Badenden inspirieren Kirchner zu einer großen Anzahl von Zeichnungen und Druckgrafiken, die zum wichtigsten Teil seines gesamten Schaffens zählen.

4. Station: Krise
Eingezogen als Soldat im Ersten Weltkrieg stürzt Kirchner in eine schwere psychische Krise, die eine Zäsur in seiner Kunst darstellt. Als Patient der Sanatorien in Königstein und Kreuzlingen dokumentiert der Künstler mit eindringlichen Selbstbildnissen seine desolate innere Verfassung. Symbolhaft dafür ist auch die Folge der farbigen Holzschnitte zu Adalbert von Chamissos „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ zu sehen.

5. Station: Davos. Die neue Lebenswelt
Mit dem ersten Aufenthalt im schweizerischen Davos im Sommer 1917 verändert sich Kirchners Situation grundlegend. Zur Erholung verbringt er einige Wochen auf der hochgelegenen Stafelalp, umgeben von der monumentalen Bergwelt und den Bauern, die sich als Nachbarn um den Künstler kümmern. Mit der endgültigen Übersiedlung in die Umgebung von Davos im folgenden Jahr findet Kirchner zu neuer Schaffenskraft und einer Motivik, die sein Naturerlebnis und die Beziehung zu den Einheimischen ins Zentrum rückt.

Das Ziel der Ingelheimer Ausstellung „Ernst Ludwig Kirchner. Stationen“ ist es, die fünf wichtigen Abschnitte in Kirchners künstlerischem Werk und Leben mit prägnanten Beispielen von höchster Qualität zu präsentieren. Die Schau umfasst über 90 Werke, die aus öffentlichen wie privaten Sammlungen in Deutschland und der Schweiz als Leihgaben zur Verfügung gestellt werden. Im Frühjahr 2023 erscheint im HIRMER Verlag ein umfangreicher Katalog, in dem alle ausgestellten Werke farbig reproduziert sind.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Freitag: 11.00 - 18:30 Uhr
Samstag - Sonntag (Feiertage): 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: internationale-tage.de

Ernst Ludwig Kirchner Dodo mit japanischem Schirm, 1909 Farblithografie, 38 x 32,5 cm Privatsammlung
30.04. - 09.07.2023

Ernst Ludwig Kirchner: Stationen

Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus

François-Lachenal-Platz 1
55218 Ingelheim am Rhein