Die Ausstellung „Abenteuer Körper“ geht vom menschlichen Körper als einem höchst komplexen System aus, das permanent in Veränderung ist. Sowohl beim Heranwachsen als auch im hohen Alter sind die Prozesse der Veränderung am deutlichsten sichtbar. 

Gleichzeitig ist der Körper eine Entität, die vom Menschen modifiziert werden kann, Entwicklung und Aussehen des Körpers können selbst bestimmt werden. Mit der Bewegung von LGBTQ+ hat die bewusste Modifikation des Körpers einen politischen Charakter bekommen und das binäre System von Mann und Frau wird in eine Vielfalt von Geschlechtern verwandelt.

Auch wechselnde Schönheitsideale können Anlass für Veränderungen des Äußeren sein. Neben Sport- und Fitness-Aktivitäten sind gegenwärtig Tätowierung, Piercing, Nageldesign, Botox-Behandlungen und sogenannte Schönheitsoperationen die geläufigen Methoden der Körpermodifizierung. Dabei ist es – gerade auf Social Media – ein schmaler Grat zwischen einfachen Trends und krankhafter Selbstoptimierung aus Angst vor Diskriminierung. Flüchtigere Eingriffe dagegen können Ergänzungen durch Kleidung, Schmuck und Make-Up sein.

Diesen Ergänzungen des Körpers widmet der äthiopische Maler Dawit Abebe seine Serien „Barefoot“ und „Hands Matter“. In der äthiopischen Kultur haben die Hände und das Barfußlaufen eine wichtige kulturelle und symbolische Bedeutung. Erweiterungen wie Schmuck, Handschuhe oder Schuhe können Zeichen für Familienstand, ausgeübte Arbeit bzw. finanziellen Status sein. 

Nagelstudios sind in den letzten Jahrzehnten zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor avanciert. Inzwischen ist das Tragen von künstlichen Nägeln eine Selbstverständlichkeit für viele Menschen geworden. Makiko Harris hat mir ihrer Skulptur diesem besonderen Attribut des menschlichen Körpers ein Denkmal gesetzt.

Eden Nael Liedtke dokumentiert in. Zeichnungen und Malereien seine gesellschaftliche und medizinische Angleichung als Transmann. Er stellt die vielschichtigen Prozesse dar, die er durchläuft, um seinen Körper als den eigenen wahrnehmen zu können. Dabei sind Erfahrungen von Sexualität, Liebe, Nähe, Fetisch und Neurodiversität zentrale wiederkehrende Motive. 

Die Metamorphose des eignen Körpers durch Make Up, Kleidung und Perücken und die damit verbundene emotionale Reise thematisiert der kolumbianische Künstler Daniel Ramos Obregón in seinem Video „Becoming Oneself“. Das Video zeigt drei Phasen, die der Vorbereitung, der Transformation an sich und der Wiedergeburt zu einem neuen „alten Selbst“ entsprechen. Auch seine Skulpturenserie „ Objectifying a Queer Body Thinking Through Materiality“ nimmt den eigenen queeren Körper als Ausgangspunkt um über das Spannnungsverhältnis von Körper als Objekt zu reflektieren.

Der Videoloop „ZU FETT FÜR DICH“ von Jette Noa Reuter thematisiert Fettfeindlichkeit als weit verbreitete, aber wenig beachtete Diskriminierung. Körper außerhalb der Norm gelten selten als liebens- oder begehrenswert, stattdessen führen Vorurteile zu Ausgrenzung. Die Arbeit konfrontiert das Publikum mit einem provokativen Satz und einer eindringlichen Performance – denn wer Fettfeindlichkeit ignoriert, leugnet systematische Benachteiligung.  

In ihrer experimentell-fotografischen Serie „Corporal Shapeshift“ verbindlichen Lex Schnäbele & Valentin Wedde den hormonellen Transitionsprozess des Künstlerkörpers, der an der Schnittstelle von Fotografie und Performance agiert. Teil einer hormonellen Transition ist die Umverteilung des Körpergewebes, das Wachstum der Knorpel, der Füße und Hände. Sie gleicht einer zweiten Pubertät. Körperliche Umverteilungszustände finden sich im formalen Wechselspiel mit der Arbeit wieder, die den Körper durch dynamische Scan-Techniken elastisieren und neu formulieren. 

Alle Künstler*innen der Ausstellung „Abenteuer Körper“ schaffen eigene, persönliche Zugänge zum menschlichen Körper und seinen vielschichtigen Transformationsmöglichkeiten und setzen diesen ins Verhältnis zu gesellschaftlichen Zuschreibungen, Erwartungen und Normen. Nicht einfach nur um diese zu hinterfragen, sondern um sie zu verändern.