Der im heutigen Polen geborene Künstler Abraham Jaskiel (1894 Częstochowa – 1987 Haifa/Israel) lebte von 1920 bis 1933 in Leipzig.

Das Œuvre aus Jaskiels Leipziger Zeit ist weitestgehend unbekannt. Denn er ist ein typischer Vertreter der sogenannten verlorenen Generation: Sein künstlerisches Schaffen nahm aufgrund des Nationalsozialismus zunächst ein abruptes Ende und ist dann maßgeblich von der Exilerfahrung geprägt. Oftmals ist das heutige Wissen um diese Kunstschaffenden ausgesprochen gering. So erfuhr auch Jaskiel nach 1945 in Deutschland keine angemessene Würdigung und Aufmerksamkeit. Umso bedeutender ist es, dass das MdbK durch einen Ankauf im Jahr 2023 und eine Schenkung 2024 zwei weitere repräsentative Gemälde des Künstlers aufnehmen konnte. Alle drei Gemälde werden im Kontext weiterer Werke aus dem Sammlungsbestand im „Bilderkosmos #2. Kunst aus Leipzig“ präsentiert: Gezeigt werden sie zusammen mit einem Werk seines Sohns Amos Yaskil und Gemälden seiner Freunde Max Schwimmer und Eduard Einschlag. Wie auch Jaskiel haben sich letztere dem Genre des Stilllebens gewidmet. Fritz Zalisz (1893–1971) ist mit einer Ostseelandschaft vertreten. Er war ein Vertreter der Leipziger Expressionisten, seine Werke in den öffentlichen Sammlungen sind 1937 im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt worden.

Abraham Jaskiels Gemälde und Papierarbeiten der Leipziger Jahre umfassen Motive der Stadt, wie Kirchen, Straßenzüge und Parkansichten, darunter die Thomaskirche und die Taborkirche sowie Ansichten des heutigen Clara-Zetkin-Parks und der vielen Leipziger Kanäle. Er identifizierte sich mit seiner neuen Heimat, war gut in der Gesellschaft vernetzt und als Maler etabliert. Er nahm regelmäßig an Ausstellungen teil, wie der „Juryfreien Kunstausstellung“. Sein Gemälde Weißes Haus (um 1926), das sich seit 1936 im MdbK befindet, wurde 1927 dort präsentiert. Zu seinem Netzwerk gehörten auch die beiden Leipziger Künstler Max Schwimmer (1895–1960) und Eduard Einschlag (1879–1941/42), der ebenfalls jüdisch war.

Bereits 1914 war Jaskiel nach Deutschland gekommen und hatte zunächst in Dresden an der Kunstakademie studiert. In Leipzig konnte er sich als Künstler etablieren. Er war als Bühnenbildner und Szenograf an verschiedenen Bühnen sowie als bildender Künstler tätig. Im Jahr 1929 heiratete er die Leipzigerin Auguste Toepffer (1902–1997), die zum Judentum konvertierte und den Namen Miriam annahm. Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Jaskiel zunächst nach Polen und emigrierte dann nach Palästina. Seine Frau und sein 1929 in Leipzig geborener Sohn Zeev erreichten ebenfalls 1933 Palästina, sodass sich die Familie in Haifa eine neue Existenz aufbauen konnte. Im Jahr 1935 wurde der zweite Sohn des Paares Amos geboren. Beide Söhne sind ebenfalls künstlerisch tätig. 

Jüdische Familien, Künstlerinnen und Künstler waren vor 1933 ein wichtiger Bestandteil des lebendigen Leipziger Kulturlebens. Ihr Beitrag und ihr Engagement sind ebenso wie ihre Lebensgeschichten mit der Verfolgung im Nationalsozialismus, der Vertreibung und Ermordung aus dem Gedächtnis der Stadt gelöscht wurden. Ihr Fehlen hat Leerstellen hinterlassen. Diese zu füllen und an die Menschen zu erinnern ist eine wichtige Aufgabe im Umgang mit der Sammlung sowie der Geschichte des MdbK.