Mit Augmented-Reality-Kunst neue Konzepte von Natur denken: Unter dem Thema Hybrid Nature richtet das NRW-Forum Düsseldorf vom 14. Mai bis 29. Oktober 2023 die zweite Ausgabe der AR Biennale aus. Zehn internationale Künstler*innen und Kollektive haben ortsspezifische Werke in Augmented Reality (AR) entwickelt, die im Düsseldorfer Ehrenhof und Hofgarten mithilfe einer App zu sehen sind. Die digitalen Werke und deren spekulative, interaktive Ansätze machen die vielfältigen Verbindungen von Natur, Mensch und Technologie sichtbar und zeigen: Natur ist ein Hybridwesen.

Wie Alice im Wunderland begeben sich die Besuchenden auf einen Spaziergang durch den Park; mit unglaublichen Naturerlebnissen, hybriden Pflanzen- und Tierformen sowie neuartigen Lebensräumen, die sie betreten und verändern können. Sie erleben die AR-Werke direkt auf dem Smartphone oder Tablet, mit dem diese auch gleich fotografiert, gefilmt und geteilt werden können. Über die App lassen sich vor Ort zehn Werke entdecken: von AfroscopeNancy Baker CahillBanz & BowinkelFelix GiesenNadine KolodzieyFilip MarkiewiczLauren MoffattMélodie Mousset & Eduardo FouillouxTamiko Thiel & /p sowie Theo Triantafyllidis X MIREVI. Eine weitere Arbeit des Londoner Künstler*in-Duos CXC kann kostenlos über WebXR, eine browserbasierte Extended-Reality-Anwendung, von überall aus abgerufen werden. So kommt das digitale Naturerlebnis auch direkt ins Wohnzimmer oder andere urbane Orte und macht Lust auf die Ausstellung im Ehrenhof.

Mit dem thematischen Schwerpunkt Hybrid Nature stellt die AR-Biennale erweiterte Konzepte von Natur sowie Ideen für eine nachhaltige Zukunft in den Vordergrund. In Zeiten von Konflikten und fortwährenden ökonomischen und ökologischen Krisen ist die Natur ein wichtiger Sehnsuchtsort für die Menschen. Immer mehr belebt sie auch digitale Landschaften, ob als AR- oder XR-Anwendung oder im Metaversum, oft idealisiert und ästhetisch zugespitzt. Theoretiker*innen wie Timothy Morton oder Donna Haraway distanzieren sich von Vorstellungen von der Natur als etwas Ursprünglichem und denken sie als kulturell, historisch, technologisch geformt. Ist Natur denkbar ohne den Menschen, ohne Technologie und Digitalisierung? Leben wir bereits in postnatürlichen Zeiten? Deutlich wird: Natur ist emotional aufgeladen und vielfältig. Die ausgewählten AR-Arbeiten machen die Schnittstellen physischer und digitaler Welten sichtbar. Sie hinterfragen unser Verständnis davon, was Natur und was Kultur ist, in welcher Beziehung sie zueinanderstehen, und ob sie sich überhaupt trennen lassen. Die künstlerischen Arbeiten zeigen eine andere, hybride Zukunft, in der diese Trennlinien verwischen – zugunsten von humorvollen, kritischen und spekulativen Erlebnissen einer erweiterten Natur.

Auf die Besuchenden warten spielerische, humorvolle Begegnungen in einer hybriden Pflanzen- und Tierwelt. Die französische Künstlerin Mélodie Mousset (*1981, Vereinigte Arabische Emirate) erschafft zusammen mit Eduardo Fouilloux (*1987, Mexiko) ein synästhetisches Erlebnis mit einer anderen Spezies. Virtuell lässt sie leuchtende Quallen umherschwimmen, die durch die Stimme und den Gesang der Besuchenden gesteuert werden. In der Wanzensimulation von Theo Triantafyllidis (*1988, Griechenland) und MIREVI werden die Besucher*innen Teil des geschäftigen Treibens einer Ameisenkolonie. Lauren Moffatt (*1982, Australien) konfrontiert mit einem übergroßen, humanoiden Pflanzenwesen, das den Bewegungen der Besuchenden folgt. Das Künstler*in-Duo Banz & Bowinkel (*1980/1983, Deutschland) entwirft ein mit künstlicher Intelligenz ausgestattetes, interaktives Gaming-Ökosystem.

Dramatische Szenen ereignen sich, wo es um menschliche Eingriffe in die Natur geht, wenn beispielsweise am Rande des Parks über dem Rhein eine gewaltige Wolke wie ein Atompilz auftaucht. Die amerikanische Künstlerin Nancy Baker Cahill (* 1970, USA) verwandelt den Inbegriff der menschengemachten Katastrophe in ein Pilznetzwerk am Himmel. Die Pionierin der Virtual- und Augmented-Reality-Kunst Tamiko Thiel (*1957, Deutschland/USA) lässt zusammen mit dem Künstler /p Plastikmüll vom Himmel regnen, den die Besuchenden per Klick in farbenfrohe Korallen verwandeln.

Orte zum Verweilen, Gestalten und Besinnen schaffen der Düsseldorfer Künstler Felix Giesen (*1999, Deutschland), der vor dem NRW-Forum einen digitalen Kleingarten anlegt, oder Nana Opoku (*1991, Ghana) alias Afroscope, der zur virtuellen Meditation über afrikanische Zukunftsvisionen einlädt. Filip Markiewicz (*1980, Luxemburg), der durch einen Open Call auf nextmuseum.io ausgesucht wurde, pflanzt im Park einen abstrakten Baum, der sich durch die Bewegungen der Besuchenden verändert. Nadine Kolodziey (*1988, Deutschland) lädt in eine begehbare 360°-Landschaft, die aktiv mitgestaltet werden kann.

Die zweite AR Biennale wird kuratiert von Judith Winterhager und Sonja Wunderlich, NRW-Forum Düsseldorf.

Die App AR Biennale 2023 gibt es im Play Store und Apple Store für 7,99 Euro zum Download. Sie kann im Zeitraum der Ausstellung (14. Mai bis 29. Oktober 2023) beliebig oft und lange genutzt werden und funktioniert von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.