Die Sammlung des Kunsthaus NRW vermittelt einen breiten Überblick über die Kunstproduktion im Rheinland und in Westfalen. Als die Sammlung im Jahr 1948 gegründet wurde, erwarb man die meisten Werke direkt bei den Künstler:innen. Förderäufe sollten ihnen das Leben und Arbeiten ermöglichen und nach dem Kahlschlag der Nationalsozialisten den Anschluss an die Moderne wiederherstellen.
Damit ist die Kunst im Nachkriegsdeutschland nicht ohne ihre Vorgeschichte zu verstehen. Die Intervention stellt auch die Frage nach jenen, die 1948 nicht gefördert werden konnten, weil sie wegen des NS-Regimes flüchten mussten, gestorben oder ermordet worden waren. So werden in der Sammlung Werke von Jankel Adler, der nach England flüchten konnte und Otto Freundlich, der verrmutlich im Vernichtungslager Sobibor umgebracht wurde, ausgestellt.
Eine weitere Fehlstelle betrifft beispielsweise Otto Pankok. Zwar erhielt der engagierte Künstler eine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie, für die Fördersammlung des Landes wurde aber nur eine kleiner Holzschnitt erworben, den man später verschenkte. Dafür konnte nun aus dem Nachlass eine Radierung erworben werden. Sie zeigt das Kind einer befreundeten Roma-Familie, Ehra. Der Verfolgung nur knapp entkommen, hat sie Pankok oft in seinen Werken dargestellt.
Mittlerweile sind 1.400 Künstler:innen in der Landessammlung vertreten, insgesamt umfasst sie über 5.000 Werke. Damit dokumentiert sie in einer einzigartigen Breite die international ausstrahlende Kunstproduktion in NRW.
Die Auswahl der Kunstwerke für eine Sammlung ist immer abhängig von den sammelnden Personen und ihren Vorlieben, ihrer Haltung, ihres Zeitkontextes. So ist auch die Sammlung des Kunsthaus NRW geprägt worden – was sich allerdings mitunter eher in den Fehlstellen ausdrückt als in der Fülle der vertretenen Künstler:innen.
Die Sammlung ist sowohl von einem zeitgenössischen als auch einem kunsthistorisch-retrospektiven Blick geprägt worden. Um 1960 wurden Werke von Künstlern der Vorkriegszeit ergänzt, um die Gründer der modernen Kunst in der Region zu würdigen: August Macke, Heinrich Campendonk, Theo Champion, Walter Ophey u. a. gehören dazu.
Um die Geschichte der Kunst in Nordrhein-Westfalen zu erzählen, werden diese »Fehlstellen« durch spätere Schenkungen, Übernahmen, Dauerleihgaben oder in seltenen Fällen durch Ergänzungsankäufe gefüllt. Dabei wird deutlich: Auch die Bestimmung von Fehlstellen ist eine Entscheidung, die auf einen Kurator zurückzuführen ist, in diesem Fall dem Leiter des Kunsthauses NRW, Dr. Marcel Schumacher. Aus seiner Sicht vermisst man einige Namen unter den über 1.400 Künstler:innen der Sammlung.
Weitere Interventionen verweisen auf Joseph Beuys und Schüler seiner Klasse, auf Fotografinnen und Fotografen sowie mehrere bedeutende Künstler:innen, deren Werk in der Sammlung nicht vorkam. Ein paar Lücken in der Kunst der 1980er Jahre konnten nun dank einer großzügigen Schenkung des Sammlerpaares Wilhelm und Gaby Schürmann geschlossen werden.
Die Intervention Fehlstellen – leere Seiten der Sammlung zeigt, wie auf diesem Weg in den letzten zehn Jahren einige Lücken geschlossen werden konnten und stellt diese »losen Enden« der Sammlung offensiv zur Schau.
Die Intervention steht am Beginn eines Projektes, in dem in den nächsten Jahren weitere Fehlstellen benannt und gefüllt werden sollen.
Abteigarten 6
52076 Aachen – Kornelimünster