In kaum einem Bereich kommen sich Kunst und Wissenschaft so nahe, wie bei Darstellungen von Insekten. Seit der Renaissance werden Insekten vielfach in Malerei, Zeichnung und Druckgrafik gezeigt. Eher ungewöhnlich ist, dass auch Wissenschaftler*innen durch ihr Bedürfnis nach Detailgenauigkeit höchste ästhetische Ansprüche entwickeln, wie auch die Künstler*innen sich einen überaus wissenschaftlichen Blick angeeignet haben. Insbesondere vom 16. bis ins späte 19. Jahrhundert sind es die Faszination und Begeisterung für die kleinen Lebewesen, die sich in den Darstellungen widerspiegeln. Fast alle folgen dem sinngemäß wiedergegebenen Credo Dürers: „Erst wer zeichnet, versteht wirklich was er sieht.“

Artenreichtum 
Es fällt auf, dass einige, geradezu ikonisch gewordene Arten, bis in die heutige Zeit sehr exponiert dargestellt werden. Zu ihnen gehören der Hirschkäfer, die Gottesanbeterin und verschiedene Schmetterlinge, die alle sowohl als religiöse Tiere, wie auch auf Grund ihrer besonders prächtigen Erscheinung verehrt werden. In den zahlreichen Kompendien wird vor allem die Faszination für die unendliche Vielfalt des größten Artenreichtums deutlich: Tatsache ist, dass die Menschheit eine einzige Art ist, während die Gattung der Insekten rund eine Million verschiedener Arten aufweist.

Schönheit und Ekel 
Während man früher versuchte, Insekten, die auch nach dem toten Vorbild gezeichnet wurden, so lebendig wie möglich erscheinen zu lassen, ist zu erkennen, dass man seit dem 20. Jahrhundert insbesondere in der Kunst meist tote Insekten darstellt. Diese wurden nicht wie in frühen Stillleben als Vanitassymbol gezeigt, sondern als selbst vom Tod betroffene Wesen, die auch als Identifikationsobjekt für das Seelenleben der Menschen interpretiert werden können. Außerdem setzen sich Künstler*innen wie auch Gebrauchsgrafiker seit dem 20. Jahrhundert zunehmend mit dem Unbehagen und Ekel auseinander, die zumindest in den westlichen Kulturen die Beziehung des Menschen zu den Krabbeltieren prägen.

Die Ausstellung ist Teil der großangelegten Schau „1,5 Grad. Verflechtungen von Leben, Kosmos, Technik“ (07.04.–08.10.23) die sich in Form einzelner Fragmente über alle Etagen der Kunsthalle und bis auf das Ausstellungsgelände der Bundesgartenschau Mannheim 2023 erstreckt.

Johann Kaspar Füssli: Mantis precaria, 1775 Foto: Kunsthalle Mannheim
12.05. - 20.08.2023

Das Insekt – Zu Darstellung in (Zeichen-)Kunst und Wissenschaft

Kunsthalle Mannheim

Friedrichsplatz 4
68165 Mannheim