Sonne, Mond und Sterne, ferne Planeten und fremde Galaxien – Himmelsphänomene faszinieren den Menschen seit jeher.

Die Kunststiftung DZ BANK widmet sich in ihrer ersten Ausstellung im neuen Jahr mit Werken aus der bereits seit 30 Jahren bestehenden Sammlung der DZ BANK dem Blick in den Himmel: Die Ausstellung mit dem Titel »Himmel – Die Entdeckung der Weltordnung« ist eine vielschichtige Erzählung von Himmelsvorstellungen, damit verbundenen Sehnsüchten und dem Wunsch, sich den Himmel auf Erden zu holen. Sie berichtet von kosmologischen Entwürfen, von Himmelskörpern und ihrem Aussehen wie von wissenschaftlichen Versuchen, die Weiten des Universums zu ergründen. Und all das aus der Perspektive der Kunst: Mit einer eindrücklichen Auswahl an Arbeiten aus der Sammlung – fotografischen Bildern, Filmen und Installationen – wird der Faszination des Universums und den Schnittstellen von Kunst und experimenteller Wissenschaft nachgespürt.

»Das Spannende an den präsentierten Kunstwerken ist, dass sie nicht einfach reale Himmelserscheinungen oder wissenschaftliche Erkenntnisse künstlerisch wiedergeben«, so die Künstlerische Leiterin der Kunststiftung Dr. Christina Leber. Dr. Katrin Thomschke, mit der sie die Ausstellung zusammen entwickelt hat, fügt hinzu: »Vielmehr nähern sich die Künstlerinnen und Künstler den Himmelsvorstellungen, kosmischen Körpern und Ordnungssystemen über das Experimentieren mit dem fotografischen Material und ihre je eigenen Herstellungstechniken – und gelangen dabei zu ausgesprochen faszinierenden Kunstwerken, die weit über eine Abbildung von etwas Realem hinausgehen.«

In der Ausstellungshalle der Kunststiftung DZ BANK werden über 30 Werke von insgesamt 20 Künstlerinnen und Künstlern aus dem Bestand der Sammlung präsentiert – darunter die Filmskulptur »Send me Sky, Henrietta« (2018) von Rosa Barba (* 1972, Agrigent, Italien) und der 16mm-Film »Set« (2016) von Peter Miller (* 1978‚ Burlington, Vermont, USA), die beide für die Ausstellung erworben wurden. Neuerwerbungen dienen immer wieder der Verbindung von bereits bestehenden Arbeiten aus dem Sammlungsbestand mit aktuellen künstlerischen Auseinandersetzungen und verorten somit alle Kunstwerke neu.

Ergänzt werden die gezeigten Werke der Sammlung durch die freundliche Leihgabe von fünf Meteoriten der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Auf diese Weise tritt die Kunst zudem in einen Dialog mit realen Himmelsobjekten und der naturwissenschaftlichen Forschung.

Die christlich-religiöse Vorstellung eines Himmelszelts, das die Erde überspannt, findet sich zunächst im Kirchenbau in Form von Kuppeln wieder. Seit dem 18. Jahrhundert wird die Kuppel vermehrt auch als architektonisches Element in Profanbauten und vor allem in wissenschaftlichen Observatorien verwendet. In seinem Lebenswerk »Roden Crater« entwirft James Turrell (* 1943, Los Angeles, Kalifornien, USA) ein solches Observatorium in Gestalt eines großangelegten Kunstprojektes. Für die präsentierte Arbeit »Overall Site Plan with White Bowl« (1992) zeichnet der US-amerikanische Künstler auf einer Luftaufnahme des erloschenen Roden Crater-Vulkans sein ausgeklügeltes System an Gängen und Kammern ein, welches er in die Kraterlandschaft hat bauen lassen. Das durch Öffnungen zum Himmel einfallende Licht von Sonne, Mond und Sternen verwandelt die unterirdische Architektur in eine spektakuläre Lichtinstallation. Dass der Blick in den Himmel immer auch der eigenen Standortbestimmung dient, verdeutlichen die Collagen aus der Serie »Three Cupolas« (1989) von Jan Dibbets (* 1941, Weert, Niederlande), in deren flächiger Perspektivanordnung der Lichteinfall durch die Kuppelfenster einen imaginären Raum eröffnet.

Die Faszination für die Beschaffenheit von Himmelskörpern zeigt sich in der Bildserie »Mond I–III« (1994) von Timo Kahlen (* 1966, Westberlin, BRD). Hier verwandelt der Künstler gewöhnliche Kieselsteine mit Hilfe einer selbstgebauten Kamera aus Pappe, Klebeband und einer einfachen Linse zu dem von Kratern durchzogenen Erdtrabanten am dunklen Nachthimmel und stellt so die Frage, ob die Gesteine der Erde denen des Mondes ähneln.

Imi Knoebel (* 1940, Dessau, Deutschland) fotografiert für seine poetische Installation »Ohne Titel (Für Olga Lina)« von 1974 astronomische Aufnahmen des Sternenhimmels aus Zeitschriften ab und setzt sie zu einem Tableau zusammen. Für seine im Entstehungsjahr der Arbeit geborene Tochter Olga Lina fügt der Künstler dem Himmel einen neuen Stern hinzu, indem er mit einer Nadel ein Loch in eines der Negative sticht. Dieses Tableau aus 54 Teilen ist Bestandteil einer Dauerleihgabe an das Städel Museum, welche für die Laufzeit dieser Ausstellung in die Räume der Kunststiftung DZ BANK zurückkehrt.

Ein zentraler Bestandteil der Ausstellung ist die Frage nach der Verbindung von Kunst und Wissenschaft. Tatsächlich spielte die Fotografie seit ihrer technischen Entwicklung im 19. Jahrhundert eine zentrale Rolle in der Untersuchung astrophysikalischer Phänomene, wie es etwa in Rosa Barbas Filmskulptur »Send me Sky, Henrietta« (2018) thematisiert wird. Das Werk ist der US-amerikanischen Astronomin Henrietta Swan Leavitt gewidmet, die sich um 1900 mit der Analyse von Fotografien pulsierender Sterne in fernen Galaxien befasste.

Berührungspunkte zwischen den beiden Disziplinen zeigen sich auch in Sandra Kranichs (* 1971, Ludwigsburg, Deutschland) Arbeit »Vortex I« (2022). Fasziniert von dem astrophysikalischen Phänomen des Schwarzen Lochs, seiner Dynamik und der daraus entstehenden Struktur einer strudelförmigen Bewegung, sucht sie den physikalischen Prozess zeichnerisch nachzuvollziehen. Auf eine wandhohe Tapete übertragen gewinnen ihre beeindruckenden Spiralen eine Sogkraft, die uns mitzureißen droht. An Bilder leuchtender Galaxien oder glühender Sonneneruptionen erinnern auch die Arbeiten aus der Serie »Lycopodium« (2012) von Raphael Hefti (* 1978, Neuenburg, Schweiz). Deren Entstehungsprozess lässt sich ein weiteres Mal als eine Form wissenschaftlichen Erkundens betrachten und unterstreicht somit den experimentellen Charakter der Kunst.

Neben einem vielseitigen Vermittlungsprogramm zur Ausstellung mit Führungen, einem Vortrag sowie einem Künstlerinnengespräch wird die Werkschau im Rahmen einer Kooperation mit dem Physikalischen Verein Frankfurt von Vorträgen aus der Reihe »Astronomie am Freitag« begleitet.


Öffungszeiten:
Dienstag - Samstag: 11:00 - 19:00 Uhr

Weitere Informationen direkt unter: kunststiftungdzbank.de

Floris M. Neusüss, Ohne Titel (Nr. 13), 1966, aus der Serie: Tellerbilder
09.02. - 20.05.2023

Himmel – Die Entdeckung der Weltordnung

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