Was haben die Römer gesehen, wenn sie nachts feierten, arbeiteten, lebten, liebten? Die Ausstellung „Neues Licht aus Pompeji“ lädt ein, das zu entdecken, was nicht mehr sichtbar ist: Licht der Vergangenheit.

Zum ersten Mal widmet sich eine Ausstellung umfassend der Technik, Ästhetik und Atmosphäre des römischen Kunstlichts. Keine andere Stadt der Antike hat so viele Beleuchtungsgeräte hervorgebracht wie das tragisch verschüttete Pompeji. Die Ausstellung bringt 180 Bronzeoriginale aus den Vesuvstädten nach München: Öllampen, Kandelaber, Lampenständer sowie figürliche Lampen- und Fackelhalter. Neben weltbekannten Statuen und Lampenskulpturen präsentiert sie auch unbekannte Altfunde des Archäologischen Nationalmuseums in Neapel, die seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr oder noch nie ausgestellt waren. Das Forschungsprojekt „Neues Licht aus Pompeji“ (LMU) hat sie in einem interdisziplinären Forschungsprogramm systematisch erforscht und präsentiert sie nun erstmals der Öffentlichkeit. Zahlreiche Stücke wurden eigens für die Ausstellung restauriert.

Römische Lampen schaffen Lichtkunst. Mit ihren Geometrien und Oberflächen gestalten sie Licht und Schatten. Die Ausstellung stellt die archäologischen Lichtinstrumente selbst ins Zentrum und lädt ein zur nahen Betrachtung. Werke des Münchner Lichtdesigners Ingo Maurer sind als ‚Interlopers‘ in die Ausstellung eingewoben. Sie eröffnen einen frischen Blick auf 2000 Jahre alte Kreativität mit Licht.

Licht aber muss man selbst sehen, um es zu verstehen. Historische und neue, in Zusammenarbeit mit der Kunstgießerei St. Gallen AG experimentell-archäologisch erarbeitete Bronzenachgüsse, räumliche Szenographien aus dem Pompejanum Aschaffenburg und digitale Beleuchtungssimulationen eröffnen neue Wege zur römischen Sinnenwelt. Das „Virtuelle Triklinium“ ist eines der Highlights der Ausstellung. In dem interaktiven Virtual-Reality-Szenario eines pompejanischen Gelageraums erleben Besucherinnen und Besucher eine Lichtsimulation in Echtzeit. Man darf den in der Ausstellung nachgebauten Raum mit VR-Brille betreten, mehrere Lampen anzünden und mit Gegenständen und Mobiliar visuell und haptisch interagieren.

Beleuchtung ist ein Schlüssel für ein neues Verständnis römischer Lebenswelten. Fest, Religion, Magie und Erotik – alles braucht Licht. Die Ausstellung wirft Licht auf die römische Nacht. Sie erschließt das römische Haus als Ort des Halbdunkel. Und sie beleuchtet die lange Seh- und Denkgeschichte des Schattens. Beleuchtung ist eine Kulturtechnik des Menschen, die ihn wesentlich zur Gemeinschaftsbildung befähigt. Darauf verweist das der Ausstellung als Motto beigegebene Zitat Friedrich Nietzsches, das eine Anekdote um den antiken Philosophen Diogenes aufgreift: Als der 

Kyniker eines Morgens auf den Markt ging, hatte er eine brennende Laterne bei sich. Auf die Frage, wozu er am helllichten Tag eine Laterne brauche, sagte er: „Ich suche Menschen“. Diese anthropologische Perspektive von Licht als Medium der Gemeinschaft behält die Ausstellung bis zum Schluss im Blick.

Zugleich will die Ausstellung ein neues Interesse für Licht anstoßen, ein Nachdenken darüber, was Licht mit uns macht, als Gemeinschaft, als Gesellschaft, heute. Der „Hygge-Raum“ am Ende der Ausstellung ist ein Raum des Lichterlebens. Hier sind die Besucher eingeladen, Platz zu nehmen, zu sehen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Kann man über Licht sprechen?

Die von Prof. Ruth Bielfeldt und ihrem Team am Institut für Klassische Archäologie an der Ludwig- Maximilians-Universität München konzipierte Sonderschau schlägt eine Brücke zwischen Wissenschaft und Kunst, zwischen Antike und High-Tech, zwischen Kulturwissenschaft und Industrie. Antikes Licht heute attraktiv und spannend sichtbar gemacht!

Die in Kooperation mit dem Direktor der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek Dr. Florian Knauß realisierte Sonderausstellung lotet das Potential der Zusammenarbeit zwischen Museum und Wissenschaft neu aus. Weitere Projektpartner sind Dr. Paolo Giulerini, Museo Archeologico Nazionale Napoli und Dr. Gabriel Zuchtriegel vom Parco Archeologico di Pompei. Die Ausstellungsbeleuchtung wird der Firma ZUMTOBEL verdankt. Zur Lichtwoche München finden mehrere gemeinsame Veranstaltungen mit der Firma Zumtobel statt. Das Ausstellungsprojekt wurde gefördert von der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG), der Münchner Universitätsgesellschaft und der Stiftung Accanto. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst Markus Blume.