Die Alte Nationalgalerie führt erstmals seit 1905 die Skulpturen einer Künstlerin und eines Künstlers zusammen, deren Werk und Wege sich in Paris mehrmals kreuzten: Camille Claudel und Bernhard Hoetger. Beide vereinte das Streben nach Anerkennung und die gleichzeitige Abkehr vom Meister der französischen Bildhauerei Auguste Rodin. Inmitten der Pariser Avantgarde entwickelten sowohl die französische Bildhauerin als auch der zehn Jahre jüngere deutsche Bildhauer eine künstlerische Lebendigkeit, die internationale Strahlkraft entfaltete und nun nach 120 Jahren wieder gemeinsam dem Publikum präsentiert wird.
Die Alte Nationalgalerie widmet sich in dieser Ausstellung einer bislang wenig beachteten und kaum erforschten Begegnung der europäischen Kunstgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts: Camille Claudel (1864– 1943) und Bernhard Hoetger (1874–1949). 1905 richtete der Pariser Galerist Eugène Blot der französischen Bildhauerin Camille Claudel und dem jungen deutschen, in Paris weilenden Künstler Bernhard Hoetger eine Doppelausstellung ein. Präsentiert wurden zwölf Bronzen Claudels, darunter heute international bekannte Ikonen wie „La Valse“ (1889–1905), „L’Implorante“ (1894–1905) oder „La Vague“ (1897) sowie 33 Bronzeplastiken von Hoetger zusammen mit Gipsen und Zeichnungen des Künstlers. Alle damals gezeigten Werke Claudels sind in der Berliner Ausstellung zu sehen. Auch Hoetgers Werke werden bis auf wenige, verschollene Arbeiten präsentiert.
Die Ausstellung und Begegnung mit dem versierten ImpressionistenHändler Blot war für beide von zentraler Bedeutung – besonders für eine zunehmend eigenständige Wahrnehmung und Verbreitung von Claudels Œuvre, die als eine der wichtigsten Künstlerinnen der Gegenwart gewürdigt wurde. Auch Hoetger feierte mit der Ausstellung seinen künstleri-schen Durchbruch in Paris. Die Ausstellung „Camille Claudel und Bern-hard Hoetger. Emanzipation von Rodin“ zeigt 67 Werke von Claudel und Hoetger, aus internationale Museen und Privatsammlungen: Darunter ist Claudels monumentales Hauptwerk aus dem Musée d’Orsay „L’Âge mûr“, ihr kunstvoll aus Onyx und Bronze gestaltetes Werk „La Vague“ aus dem Musée Rodin oder Hoetgers eindrucksvolle „Blinde“ aus dem Paula Mo-dersohn-Becker-Museum Bremen. Daneben werden drei Versionen seiner „Fécondité“ aus Bremen oder sein „Elberfelder Torso“ aus der Kunsthalle Emden gezeigt, ergänzt durch zahlreiche Werke aus französischem und deutschem Privatbesitz. Thematische Räume kontextualisieren die 1905 präsentierten Werke der beiden, etwa in der Pariser Kunstszene der Zeit, in der Bewegung des Impressionismus’ oder beleuchten die damals speziellen Seh- und Ausstellungsgewohnheiten des 19. Jahrhunderts. Die Ausstellungsgestaltung greift diese gestalterischen Besonderheiten auf und präsentiert die meist kleinformatigen bildhauerischen Werke zwischen Zimmerpflanzen, Draperien, Teppichen und verschiedenartigen Sockeln.
Eine Kooperation mit der traditionsreichen Berliner Bildgießerei NOACK ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern eine Schritt-für-Schritt-Einführung in die damals wie heute gängigen Techniken des Bronzegusses: genauer des Sandgusses sowie des Wachsauschmelzverfahrens. Ergänzend bietet das Begleitprogramm aus Vorträgen, Führungen durch Ausstellung und Gießerei sowie Modellierworkshops und einer Akademie-Gesprächsreihe verschiedene Zugänge zur Ausstellung für Erwachsene, Familien und Schulklassen. In Kooperation mit den YORCK Kinos wird am 24.6. und 29.6. der Film „Camille Claudel“ im Cinema Paris angeboten.
Die Ausstellung „Camille Claudel & Bernhard Hoetger. Emanzipation von Rodin“ kontextualisiert den jüngsten Zugang der Nationalgalerie von Claudel: 2024 gelang der Alten Nationalgalerie mit Unterstützung der Ernst von Siemens-Kunststiftung der Ankauf einer Bronze von Camille Claudel. Claudels sogenannte „L’Implorante“ (1894–1905) stellt damit nicht nur einen direkten Bezug her zu den in der Sammlung der Nationalgalerie vorhandenen Werken ihres Lehrers, Mentors und Geliebten, Auguste Rodin (1840–1917), die Erwerbung schließt auch eine entscheidende Lücke im Bereich der impressionistischen Bildhauerei und ergänzt den Sammlungsbestand an Künstlerinnen durch eine gewichtige Position.
Begleitend zur Ausstellung erscheint ein umfangreich bebilderter 176-seitiger Katalog in deutscher und englischer Sprache gefördert von der Ernst von Siemens Kunststiftung sowie ein kostenfreier Audioguide in deutscher, englischer und französischer Sprache und Einfacher Sprache (deutsch).
Die Ausstellung wird ermöglicht durch die FREUNDE der Nationalgalerie, mit Unterstützung des Föderalen Programms der SPK.
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 – 18:00 Uhr
Montag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: smb.museum