Die Oldenburger Gesellschaft der Ährenleser ist eine internationale Gruppenausstellungen mit 16 Künstlerinnen und Künstlern. Sie wurde kuratiert von Sebastian Cichocki, dem Chefkurator im Museum für Moderne Kunst, Warschau.
Der Begriff „Ährenlese“(auch Nachlese) bezieht sich traditionell auf die Praxis, nach der Ernte das auf dem Feld liegengebliebene Getreide aufzusammeln und an Bedürftige zu verteilen. Der Akt der Nachlese war seit biblischen Zeiten bis ins 18. Jahrhundert üblich.
Künstlerische Praktiken, die auf wachstumskritischen Philosophien beruhen – die sich auf alltägliche Arbeiten, das Unheroische und Unspektakuläre konzentrieren und nicht notwendigerweise materiell greifbare Kunstwerke produzieren –, entgehen oft der institutionellen Aufmerksamkeit. Anders gesagt, verlassen sie – auf eigene Initiative oder aus Notwendigkeit – die Kunstwelt und finden sich in anderen Feldern wieder: beim politischen Aktivismus, in Protestbewegungen, in der Pädagogik oder in der experimentellen Landwirtschaft. Die Ausstellung in Oldenburg ist inspiriert von der Arbeit der irischen Künstlerin und Schäferin Orla Barry und bewegt sich auf der Suche nach einer „postidyllischen“ künstlerischen Praxis fließend zwischen Bauernhof und Kunstinstitution.
Die Oldenburger Gesellschaft der Ährenleser greift auch die Schriften des polnischen Theoretikers und Kunstkritikers Jerzy Ludwiński auf, der in den 1970er Jahren davon ausging, dass wir in einem „postkünstlerischen Zeitalter“ leben. Ludwiński betonte den engen, „osmotischen“ Austausch zwischen Kunst und anderen Disziplinen. Er vertrat die These, dass die neue Kunst die Grenzen der Sprache und des ihr zur Verfügung stehenden institutionellen Apparats überwunden habe. So schrieb er 1971:
„Sehr wahrscheinlich haben wir es heute nicht mehr mit Kunst zu tun. Wir haben einfach den Moment übersehen, in dem die Kunst zu etwas ganz Anderem wurde, zu etwas, wofür uns die Begriffe fehlen. Doch eines ist sicher: Wir beschäftigen uns heute mit etwas, das ein größeres Potenzial hat.“
Cichocki greift für diese Ausstellung auf seine Erfahrungen als Kurator der 40. EVA International, Irlands Biennale für zeitgenössische Kunst, zurück und erweitert so die Idee der „Nachlese“, die hier wahlweise als Gegenstand künstlerischer Arbeit, als Metapher oder als kuratorische Methode dient.
Mit Werken von: Orla Barry, Kim Beom, Kasper Bosmans, Jeamin Cha, Mitsutoshi Hanaga, Tamás Kaszás, Krisztián Kristóf and The Randomroutines, Eustachy Kossakowski, Sharon Lockhart, Deirdre O’Mahony, Peter Nadin & Natsuko Uchino & Aimée Toledano, Rory Pilgrim, Iza Tarasewicz, Natsuko Uchino und Jennifer Walshe.
Gefördert durch:
Adam Mickiewicz Institute
Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Oldenburgische Landschaft
Culture Ireland
Katharinenstr. 23
26121 Oldenburg