Jupp Darchinger hat wie kein zweiter Bildjournalist seiner Zeit die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Bundesrepublik Deutschland begleitet – von den 1950er-Jahren bis zur Wiedervereinigung. Anlässlich seines 100. Geburtstags im August 2025 präsentiert das LVR-Landesmuseum Bonn in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 12. Juni bis zum 14. September die Ausstellung „Jupp Darchinger. Das Auge der Republik“. Die Schau wirft Schlaglichter auf das bedeutende Schaffen des 2013 verstorbenen Bonner Fotografen und eröffnet neueEinblicke in sein umfangreiches Werk.

Als kritischer Chronist prägte Josef Heinrich „Jupp“ Darchinger das visuelle Gedächtnis einer ganzen Epoche – vom Wirtschaftswunder der Adenauer-Ära bis zur Wiedervereinigung Deutschlands. Seine Aufnahmen von Persönlichkeiten wie Willy Brandt und Helmut Schmidt sind Ikonen der Zeitgeschichte. Seine Fotografien erschienen in allen großen Medien – von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung und Der Zeit bis zu den auflagenstarken Magazinen wie SternDie Bunte und Der Spiegel.
Rund 130 fotografische Arbeiten sowie Dokumente und fotografisches Equipment bezeugen sein herausragendes bildjournalistisches Schaffen. Die Ausstellung vertieft unterschiedliche Aspekte der Arbeitsweise und Bildsprache Darchingers und richtet erstmals auch einen Blick auf den Arbeitsalltag und in das Studio des Bonner Fotografen.

Ikonische Porträts und ein Hustenbonbon von Honecker
Neben farbintensiven Alltagsszenen aus der Zeit des Wirtschaftswunders und bekannten Porträts politischer Größen wie Willy Brandt, Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker und Helmut Kohl, die Darchinger über viele Jahre begleitete, zeigt die Ausstellung auch einzigartige Momentaufnahmen, um die sich eindrucksvolle Entstehungsgeschichten ranken. Hierzu zählt etwa das berühmte Foto, auf dem Erich Honecker Helmut Schmidt ein Hustenbonbon reicht. Dieses entstand 1981 in Güstrow, wo Darchinger stundenlang auf den symbolischen Moment des politisch ereignislosen deutsch-deutschen Gipfels wartete.  Motive wie diese belegen, wie nah Darchinger sich Jahrzehnte lang am politischen Geschehen der Bundesrepublik bewegte. Besonders in seiner Heimatstadt und dem Regierungssitz Bonn gelangen ihm einzigartige Bilder aus dem Herzen der Demokratie, denen die Ausstellung einen eigenen Raum widmet.

Neue Perspektiven – Themenbilder und Familienbetrieb
Darüber hinaus richtet die Ausstellung den Blick auf bislang weitgehend unbekannte Arbeitsprozesse und Bildwelten Darchingers. Ein eigener Raum ist sogenannten Themenbildern gewidmet, die gesellschaftspolitische Ereignisse und Debatten von den 1970er-Jahren bis zum Ende der Bonner Republik reflektieren – von Bedrohungen der inneren Sicherheit durch Spionageaffären und Anschläge der RAF über die Energiekrise bis zu Umweltfragen, Frauenarbeit und früher Migrationsdebatte. Darchinger bezeichnete jene Motive als Themenbilder, in denen sich Themen und Debatten der Zeit symbolisch in einem Bild verdichteten, wodurch sie langfristig in den Redaktionsarchiven Verwendung finden konnten.

Die Ausstellung gibt zudem erstmals Einblicke in die Arbeitsweise des Familienunternehmens Darchinger: Kameras, handbeschriftete Negativumschläge und Redaktionsmarkierungen lassen die handwerkliche und geschäftliche Seite seines Studios, in dem Ehefrau Ruth und die Söhne mitarbeiteten, lebendig werden.

Fotografischer Nachlass
Im Jahr 2008 übergab Darchinger sein Bildarchiv an die Friedrich-Ebert-Stiftung. Das Archiv der sozialen Demokratie bewahrt seither rund 1,6 Millionen Negative, 60 000 Positive und 30 000 Dias. Ein eigens eingerichteter Ausstellungsbereich thematisiert die wissenschaftliche Arbeit am Nachlass.