Das lebensgroße Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen, die sogenannte Prinzessinnengruppe, ist das Hauptwerk Johann Gottfried Schadows (1764–1850). Der Bildhauer gilt als Begründer der Berliner Bildhauer*innenschule und ist gerade mit diesem Werk zum Inbegriff des deutschen Klassizismus geworden. Als erstes Standbild zweier weiblicher historischer Persönlichkeiten hat die Skulpturengruppe Kunstgeschichte geschrieben und ist bis heute ein Highlight für Berlin-Besucher*innen aus aller Welt. Nach umfangreicher Restaurierung wird erstmals überhaupt das Originalgipsmodell (1795) der Prinzessinnengruppe gemeinsam mit dem Original aus Marmor (1797) ausgestellt. Die erste Retrospektive seit rund 30 Jahren stellt in elf Kapiteln Schadows bildhauerische, grafische und kunsttheoretische Hauptwerke vor.

Johann Gottfried Schadow gilt als der berühmteste Künstler Preußens um 1800. Er verband seine herausragende Stellung als Hofbildhauer mit unternehmerischem Erfolg und einer soliden bürgerlichen Existenz und pflegte zusätzlich ein internationales Netzwerk. Dementsprechend war seine Werkstatt von einer enormen Produktivität geprägt. Der Künstler selbst modellierte, zeichnete, verfasste kunsttheoretische Traktate und leitete gleichzeitig mit der Berliner Akademie eine der bedeutendsten Kunsthochschulen seiner Zeit. Seine herausragenden künstlerischen Fähigkeiten zog eine Vielzahl an Schüler*innen an und brachte ihm den Beinamen „Vater der Berliner Bildhauerschule“ ein. Etwa 400 bildhauerische Werke und 2.300 Zeichnungen von der Hand Schadows sind heute noch erhalten. In der Sammlung der Nationalgalerie befindet sich mit ca. 150 Arbeiten der weltweit umfassendste Bestand an plastischen Werken Schadows, darunter beide Originale der Prinzessinnengruppe. Der weltweit größte museale Bestand an skulpturalen Werken des Bildhauers befindet sich in der Sammlung der Alten Nationalgalerie Berlin.

Die einzelnen Kapitel der Ausstellung beleuchten Schadows künstlerische Wurzeln als „Vater der Berliner Bildhauerschule“ aber auch seine Wiederentdeckung im frühen 20. Jahrhundert sowie seinen Beitrag für die Skulptur im Öffentlichen Raum oder seine kunsttheoretischen Äußerungen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Entstehung, Ausführung und dem Erhalt der Prinzessinnengruppe sowie auf deren Kontextualisierung im Freundschaftsbild des englischen Sensualismus. Ein abschließender Blick beleuchtet die die Rezeption der Gruppe bis heute. Eine interaktive Medienstation führt anschaulich den dreijährigen Restaurierungsprozess vor Augen.

Als prägende Figur des Frühklassizismus nimmt Johann Gottfried Schadow mit seiner Formensprache zwischen Natur und Antike eine besondere Stellung im europäischen Kontext ein. Auch wenn Schadow als einer der am besten erforschten Bildhauer seiner Epoche gilt, hat das interdisziplinär angelegte Forschung- und Restaurierungsprojekt neue Erkenntnisse zutage gebracht. Dazu zählen etwa die genauen Umstände der Entstehung der Prinzessinnengruppe, verbunden mit einem erstmals publizierten spektakulären Urheberrechtsfall rund um das Standbild genauso wie die Untersuchung über die Popularisierung des Motivs, für das Schadow mit seinen Prinzessinnen eine bis heute prägende Form gefunden hat. Auch neue Aspekte der Schadow-Forschung, wie die kritische Kontextualisierung seiner theoretischen Schriften zur Proportionslehre sind Teil der Ausstellung und des Katalogs. Wurde Schadow bislang zumeist im nationalen Kontext gelesen und sein Verdienst für den deutschen Beitrag zum Klassizismus ergründet, greift die Ausstellung nun darüber hinaus und verortet Schadow im europäischen Zusammenhang mit Zeitgenossen wie Antonio Canova und Bertel Thorvaldsen. Beiträge zu seinen Anfängen in der französischen Ateliertradition und seiner internationalen Wirkung weiten den Horizont zu diesem wichtigen Künstler.

Insgesamt 170 Leihgaben aus dem In- und Ausland verdeutlichen Schadows Stellung als die eines der einflussreichsten Künstler*innen seiner Zeit. Seine Gestaltungskraft beeinflusste Bildhauer*innen bis ins 20. Jahrhundert und berührt noch heute Besucher*innen aus aller Welt.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 – 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: ´smb.museum