Nichts weniger als ein archäologischer Jahrhundertfund wird 2025 auf der Museumsinsel Berlin zu Gast sein: Insgesamt 15 der außergewöhnlich gut erhaltenen Bronzestatuen und -köpfe, die in den Jahren 2022 und 2024 bei Grabungen in San Casciano dei Bagni in der Toskana in einem antiken Thermalheiligtum gefunden wurden. In der Berliner Ausstellung werden sie nun zum ersten und voraussichtlich einzigen Mal außerhalb Italiens gezeigt.
Der Fund war ein archäologischen Glücksfall, denn antike Bronzefiguren – zumal in derart großer Menge – sind extrem selten. Einzigartig auch die Fundsituation: Immer wieder neue Bronzen zogen die Ausgräber wortwörtlich aus dem Schlamm heraus! Neben den größeren Statuen fand man außerdem dutzende Kleinbronzen und Hunderte von Münzen, die ebenfalls in Berlin zu sehen sein werden. Hauptleihgeber ist die Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio per le Province di Siena, Grosseto e Arezzo.
Die aus dem Zeitraum vom 2. Jahrhundert vor bis zum 1. Jahrhundert nach Christus stammenden Objekte wurden einem Wasserbecken neben einer immer noch aktiven Thermalquelle gefunden. Nur ein Bauzaun trennt das archäologische Ausgrabungsgelände von den allgemein zugänglichen modernen Themalwasserbecken, in denen Menschen aus dem Ort und aus der weiteren Umgebung zu jeder Tageszeit baden können. Das antike Becken erwies sich als Zentrum eines etruskisch-römischen Heiligtums. Hier suchten Kranke Heilung, besorgte Eltern göttlichen Schutz für ihre Kinder. Die Statuen, aber auch viele kleinere Objekte waren Weihgaben der Besucherinnen und Besucher an die hier verehrten Mächte.
Man kann hier erstmals studieren, wie ein Heiligtum am Übergang von der etruskischen zur römischen Kultur funktionierte: Wer waren die Gottheiten? Wie trat die lokale Bevölkerung mit ihnen in Kontakt? Welche Bevölkerungsschichten besuchten das Heiligtum? Was waren ihre Anliegen? Wie lange war die etruskische Sprache in Italien noch in Gebrauch? Denn etruskische und römische Inschriften auf den Weihgeschenken geben Auskunft über die Stifterinnen und Stifter, die Gottheiten und den Anlass. Wie unterschied sich dies von Weihpraktiken in anderen Heiligtümern?
Zudem lässt sich zeigen, dass viele der Anliegen universal menschlich sind und die Weihepraxis eine lang andauernde Tradition besitzt. Auch heute noch werden in katholischen und orthodoxen Kirchen ähnliche Objekte gestiftet, wenn auch in kleinerem Maßstab und aus weniger wertvollen Materialien. Eigene herausragende Objekte aus der Antikensammlung sowie neuzeitliche Weihungen aus dem Museum für Europäische Kulturen in Dahlem ergänzen die italienischen Leihgaben.
Nach drei Stationen in Italien werden die Bronzen in Berlin zum ersten und voraussichtlich einzigen Mal außerhalb Italiens gezeigt. Erstmals werden dabei auch spektakuläre Neufunde aus der Grabung des Herbstes 2024 zu sehen sein, darunter ein einzigartiger halber nackter männlicher Bronzetorso, eine in Bronze nachgebildete Luftröhre, die Statue eines Kindes mit einem beweglichen Ball in der Hand sowie eine knapp einen Meter lange Bronzeschlange.
Zur Ausstellung in der der James-Simon-Galerie wird es ein umfangreiches Bildungs- und Vermittlungsprogramm mit Workshops und Führungen geben, außerdem eine handliche Begleitpublikation in deutscher und englischer Sprache (Verlag Schnell & Steiner).
Die Ausstellung wird ermöglicht durch großzügige Förderung des Kuratorium Preußischer Kulturbesitz. Weitere Unterstützung erfährt sie durch die Museum & Location Veranstaltungsgesellschaft mbH sowie durch den Verein der „Freunde der Antike auf der Museumsinsel Berlin e.V.“
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: smb.museum