Jojo Gronostay (* 1988) präsentiert vom 23. Mai bis 3. August 2025 die Ausstellung „Dead Signs – Leere Zeichen“ im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G). Der deutsch-ghanaische Künstler verbindet darin die Bereiche Mode, Fotografie und Kunst und integriert Objekte aus der Sammlung des MK&G. Dabei setzt er sich mit den Themen Identität, Repräsentation, Neokolonialismus sowie Recycling und Wertschöpfung in der Modeindustrie auseinander und deckt historische und geografische Bedeutungswandel auf. Die Ausstellung ist das Ergebnis seiner sechsmonatigen Residenz im Förderprogramm „Fonds für Junges Design“ der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen (SHK).

DEAD WHITE MEN’S CLOTHES
Seit 2017 kauft Jojo Gronostay Secondhandkleidung auf dem Kantamanto Market in Accra, Ghana ein. Mit seinem Kunstprojekt und Modelabel DWMC („Dead White Men's Clothes“) wertet er diese Kleidung auf und führt sie zurück auf den europäischen Modemarkt. Der Name „Dead White Men’s Clothes“ geht dabei auf eine in den 1970er Jahren in Ghana verbreitete Vorstellung zurück, dass hochwertige gebrauchte Kleidung nur von Toten stammen kann. Gronostay wählt Textilien in Schwarz, eine Farbe, die in Ghana für den Tod steht und zugleich in der westlichen Modewelt zu den beliebtesten Farben gehört.

CONCEPT-STORE
Für die Ausstellung im MK&G geht Jojo Gronostay der Frage nach, inwiefern die Präsentation eines Produkts die Wahrnehmung seines Werts beeinflusst und wie die Abgründe und Komplexitäten der globalen Textilwirtschaft mit westlichem Konsumverhalten zusammenhängen. Dazu inszeniert er eine begehbare Installation in Form eines Concept-Stores. Ausgewählte Objekte von Dieter Rams (* 1932) wie das „Regalsystem 606“ (1960) und die ResidenzstudioMöbel aus der MK&G-Sammlung machen die sachliche, minimalistische Atmosphäre eines Modegeschäfts spürbar und dienen Kleidungsstücken des Labels DWMC als Präsentationsfläche. Gemeinsam mit dem Künstler Sami Mandee inszeniert Gronostay die von Rams entworfenen Radio-Phono-Kombinationen „audio 300“ (1969), „audio 310“ (1971) und „PS 500“ (1968) der Firma Braun neu: Auf illustrierten Schallplattencovern kann die Playlist „DWMC-Radio“ aufgerufen und angehört werden.

Teil der Installation ist auch die neu geschaffene Serie „African Textile Scans“. Darin lotet Jojo Gronostay die Grenzen von Authentizität und kultureller Identität aus und stellt die Frage, an welchem Punkt kultureller Austausch endet und neokoloniale Aneignung beginnt. Das österreichische Textilunternehmen Getzner weist einige seiner Damast-Produkte als „afrikanische Stoffe“ aus, die in Westafrika als Luxustextilien gehandelt werden. Diese scannt Gronostay ein und schichtet die Scans als farbige Drucke übereinander. Inspiriert von japanischen Färbeschablonen (katagami) aus der MK&G-Sammlung, nutzt er transparente Schablonen, um den digitalen Scanvorgang wie die analoge Färbetechnik aussehen zu lassen.

DEAD SIGNS – LEERE ZEICHEN
Welche Formen und Zeichen begegnen uns im Alltag, wie verändern sich ihre Bedeutungen im Laufe der Zeit und welche ästhetischen Codes kehren immer wieder? Diese Zusammenhänge ergründet Jojo Gronostay beispielhaft anhand historischer Logo- und Schriftgestaltung: In den 1920er Jahren wird die Frakturschrift im Grafikdesign zunehmend beliebter. Zunächst mit der NS-Zeit assoziiert, nutzen Heavy Metal- und Gothic-Bands der 1970er Jahre die Schrift aus rein ästhetischen Gründen für ihre Bandlogos. Der Popstar Justin Bieber lässt für die „Purpose Tour“ (2016–17) eine Jacke mit seinem Namen in dieser Schriftart gestalten. Jojo Gronostay erwirbt die Jacke auf dem Second-Hand-Markt und veröffentlicht sie mit einem Aufnäher seines Labels DWMC – in Frakturschrift.

Die kantige, monochrome Typografie aus der Zwischenkriegszeit feiert aktuell ihr Comeback im Grafik- und Modedesign. Im zweiten Raum der Ausstellung zeigt der Künstler seine Installation „Logo Lamps“ mit mehrlagigen Projektionen von Logografiken der 1920er und 1930er Jahre, darunter von Otto Bunzel (1902–1999), Fred Hendriok (1885–1942), und Amanda Hoffmann (um 1935–1950 tätig). Die hier gewählte Art der Projektion, die unter anderem von Billigläden als Werbemaßnahme verwendet wird, verzerrt die Logos und lässt sie zugleich bedrohlich und faszinierend wirken. Jojo Gronostay sieht ihn den historischen Logos „tote, leere Zeichen“, da sie nicht mehr als Werbemittel und Markenidentität dienen.

BIOGRAFIE
Jojo Gronostay (* 1988 in Hamburg) studierte bis 2020 Kunst und Fotografie an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris. Gronostays Arbeiten waren bereits in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen internationaler Museen und Ausstellungshäuser zu sehen, darunter in der Kunsthalle Wien, im Grassi – Museum für Angewandte Kunst in Leipzig und in der Bundeskunsthalle Bonn (2021); im Österreichischen Kulturforum in New York City (2022) und beim Circulation(s) European Young Photography Festival in Paris (2023). Für seine Arbeit wurde er unter anderem mit dem Dorothea von Stetten Kunstpreis (2024), dem European Month of Photography Award (2023) und dem Modepreis der Stadt Wien (2021) ausgezeichnet. Jojo Gronostay lebt und arbeitet in Wien