Die Sonderausstellung Merci Maman. Straßenfotografie in Mali widmet sich den sogenannten Sotramas von Bamako. Wie kein anderes Verkehrsmittel prägen diese bunt bemalten Kleinbusse das Gesicht der pulsierenden Hauptstadt Malis. Benannt nach der 1978 gegründeten Societé du Transport Mali, sind sie nicht nur das beliebteste und günstigste Fortbewegungsmittel in einer der am schnellsten wachsenden Metropolen Afrikas, sondern verkörpern auch ein faszinierendes kulturelles Phänomen.

Mittels zeitgenössischer Straßenfotografie lädt Merci Maman ein, die farbenfrohe Welt der Sotramas aus einer malischen Perspektive zu betrachten: Im Mittelpunkt stehen circa 60 Arbeiten von Seydou Camara, Monique Dena, Abdoul Karim Diallo, Sidiki Haidara und Anna N‘Diaye, die eigens für die Ausstellung angefertigt wurden. Als Mitglieder des Kollektivs Yamarou setzen sie sich seit Jahren mit dieser einzigartigen Kunstform auf Rädern auseinander.

Jeder Sotrama-Bus ist ein Unikat, das bei genauem Hinsehen seine eigene Geschichte erzählt. Von Busmalern kunstvoll gestaltet, leuchten die Karosserien in den Landesfarben Rot, Gelb und Grün, manchmal auch in Violett oder Blau.

Die in satten Farben ausgeführte Dekoration gibt Auskunft über aktuelle Trends in Mali: Porträts von historischen Figuren, religiösen Führern und Musikern – seltener auch Musikerinnen – zieren die Fahrzeuge ebenso wie Logos und Symbole aus Pop, Politik, Sport und Religion. Zudem finden sich Sprüche, Lebensweisheiten und Danksagungen (Merci Maman) auf den Bussen, die Meinungen und Haltungen der Menschen in Mali widerspiegeln.

Gleichzeitig geben die Sotramas Aufschluss darüber, welche Politiker gerade populär sind und welche Nationen als Freunde betrachtet werden. Gewissermaßen fungieren sie als Barometer für die gesellschaftliche Stimmung vor Ort.

Die fünf Mitglieder des Kollektivs zeigen aber nicht nur die bemalten Busse umgeben von Märkten und regem Straßentreiben, sondern befassen sich in ihren Arbeiten auch mit deren Fahrern und Fahrgästen sowie den wahren Stars der Sotramas: den »Prend-Tickets« oder Busjungen, deren Geschick beim Kartenverkauf in der offenen Tür während der Fahrt legendär ist.

Ein Star der Szene ist außerdem Drissa Konaté, der berühmte Busmaler von Bamako, der mit seiner Kunst viel erzählt über Mali, die Welt und über das Menschsein.

Trotz der täglichen Herausforderungen bieten die Sotramas einen Ort der Schönheit, Kreativität und Zusammengehörigkeit. Auf kleinstem Raum begegnen sich Menschen, kommen miteinander ins Gespräch und solidarisieren sich.

Das Foto-Kollektiv Yamarou ermutigt junge Menschen, ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen und durch Fotografie zu kommunizieren. Benannt nach einem legendären Schöpfer aus der malischen Geschichte, verkörpert das von Seydou Camara gegründete Kollektiv eine Philosophie des kreativen Alltags. Im Herzen Bamakos zielen die Mitglieder darauf ab, die Fotografie aus den elitären Räumen zu befreien und sie direkt in die Gemeinschaft zu tragen. »Wir wollen die Fotografie dahin bringen, wo es weder Galerien noch Museen gibt«, erklärt Camara.

Die Vision des Kollektivs ist es, die Kunst in einer Art visueller Revolution auf die Straßen und in die Herzen der Menschen zu bringen. Die Yamaristen verstehen sich als Verteidiger des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Agenten des Wandels. Ihr Fokus liegt auf der Würde der Abgebildeten und der Darstellung einer unverfälschten Lebenswirklichkeit.

Auch Merci Maman ist weit mehr als eine Präsentation bemalter Busse, die als eine Art rollende Kunstausstellung oder Straßentheater das oft triste Stadtbild Bamakos zum Strahlen bringen. Mit der Ausstellung möchte das Museum Fünf Kontinente die Vision des malischen Foto-Kollektivs mittragen, ein differenziertes Bild des westafrikanischen Landes zu vermitteln – gesehen durch die Linse seiner eigenen Bevölkerung.

Realisiert wurde die Ausstellung in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler und Journalisten Jonathan Fischer, der in München und Mali lebt.