Der Bildhauer Hans-Jürgen Vorsatz ist eine feste Größe in der Duisburger Kunstszene. In seiner fast fünfzig Jahre währenden Tätigkeit hat er ein bemerkenswertes Werk aus Skulpturen, Gemälden, Collagen und großen Arbeiten im öffentlichen Raum geschaffen. Seine bevorzugten Materialien sind Stein und Metall, die er in teilweise großen, raumgreifenden Skulpturen verwendet. Für seine künstlerische Entwicklung war das 1981 vom Lehmbruck Museum veranstaltete Bildhauer-Symposium richtungsweisend, so der Künstler. In diesem Zuge hat er sein Frühwerk, das mit organischen, teils menschlichen Formen an Hans Arp erinnerte, abgeschlossen. Zu Ehren seines 80. Geburtstages, das Vorsatz im September diesen Jahres feiern wird, präsentiert das Lehmbruck Museum insgesamt 35 Werke (14 Plastiken und 21 Bildwerke) aus allen Lebens- und Schaffensphasen.

Im Bereich der Kunst im öffentlichen Raum hat Vorsatz vor allem in Duisburg – aber auch in anderen Städten – wichtige und das Stadtbild prägende Beiträge geleistet. Eine begehbare Brunnenanlage aus finnischem und sardischem Granit befindet sich auf dem Vorplatz des Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke Duisburg. Drei weitere seiner Werke, jeweils aus verschiedenen Granitsorten und einmal kombiniert mit Cortenstahl, gehörten zu einem kleinen Skulpturenpark, den die Stadtwerke 1992 auf ihrem Gelände angelegt hatten. In der Eingangshalle der Duisburger Agentur für Arbeit an der Wintgenstraße befindet sich die „Zweiteilige Skulptur“ aus Basaltlava, Blei und Blattgold (1986), die dem Foyer ein deutliches Bewegungsmoment verleiht. Oft korrespondieren die Materialien in den Arbeiten von Vorsatz mit der umgebenden Architektur bzw. setzen ihr etwas entgegen, das selbst architektonischen Charakter hat.

Viele der Werke lassen das Interesse des Bildhauers an schweren, massiven, größtenteils harten Werkstoffen erkennen: In erster Line verwendet er Natursteine und verschiedene Metalle, selten auch Holz. Die Bearbeitung der Steine setzt schwere und ausdauernde Arbeit voraus, die Vorsatz in seiner beruflichen Ausbildung zum Steinbildhauer, mit Meisterabschluss im Jahr 1970, erlernt hat. Die traditionell geprägte handwerkliche Bearbeitung hinterlässt individuelle Spuren an den Steinen, die im Kontrast stehen zu glatt gesägten und polierten Flächen.

Die Verhältnisse der Materialien und Massen zueinander verbindet Vorsatz häufig mit politischen und gesellschaftlichen Aussagen. Er spricht bei bestimmten Formen und Materialien z. B. von “Fluchtpunkten” oder “Anonymität”, Zustände wie Aufeinanderprallen oder Auseinanderklaffen drücken sich für ihn in den Konstellationen der jeweiligen Elemente aus. So entstehen Monumente mit Titeln wie „9. November 1989“ oder „Ehre den Moorsoldaten: Ein Denkmal für den Widerstand gegen den Faschismus“, die an historische Ereignisse erinnern. Auch die Terroranschläge des 11. September 2001 in New York finden ihr Echo in seinen Werken. So betitelt er eine eindrucksvolle Arbeit „Extrem laut und unheimlich nah“ und zitiert damit den gleichnamigen Roman von Jonathan Safran Foer, in dem dieser die Auswirkungen des Attentats anhand des Schicksals eines Jungen schildert. Das politsche Denken und die Sensilbilität für historische Ereignisse des 1945 Geborenen sind von Hoffnungen, aber auch Unsicherheiten der Nachkriegszeit geprägt, die bis in die Gegenwart hineinwirken.

1979 trat Vorsatz dem Duisburger Künstlerbund bei, war seit 1982 mehrfach Sprecher der Interessengemeinschaft Duisburger Künstler und wechselte schließlich in die Duisburger Sezession. Mit den Künstlerverbänden präsentierte er seine Arbeiten im Lehmbruck Museum. Zwei seiner Werke, die Plastik “9. November 1989” und eine unbetitelte Zeichnung von 1995, konnten mittels städtischem Ankaufsetat für Duisburger Künstler für die Sammlung des Lehmbruck Museums erworben werden.

Die Ausstellung wird gefördert von der Stadt Duisburg, dem Kulturbeirat der Stadt Duisburg und der Duisburger Sezession.

Statements
Linda Wagner, Kulturdezernentin der Stadt Duisburg:
„Mit Hans-Jürgen Vorsatz ehren wir einen Künstler, der seit fast 50 Jahren in Duisburg arbeitet. Viele seiner Werke sind Teil der Identität unserer Stadt. Es ist wichtig, dass wir das Werk von Künstlerinnen und Künstlern, die in unserer Stadt leben und arbeiten, regelmäßig hier im Lehmbruck Museum präsentieren. Eine solche gefestigte Verankerung der lokalen Kunstszene in einem großen Kunstmuseum ist in Deutschland nur selten zu finden.“

Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck Museums:
„Hans-Jürgen Vorsatz ist einer der bedeutendsten Bildhauer Duisburgs. Zum ersten Mal widmet das Lehmbruck Museum ihm eine umfassende Ausstellung, die den Formenreichtum seines Werkes sichtbar macht. In seinen Arbeiten schafft Vorsatz eine seltene Balance zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. Seine Materialien spiegeln das industrielle Umfeld wider, das von Härte, Brüchen, Rost und Maschinenteilen geprägt ist. Bei genauerem Hinsehen offenbaren die Werke Eigenschaften wie Zartheit und Verletzlichkeit, die ihnen bei aller Abstraktion eine große menschliche Nähe verleihen. Es ist ein besonderes Ereignis, das sensible und nachdenkliche Werk dieses großen Bildhauers unserer Stadt durch die Jahrzehnte verfolgen zu können.“