Vom 20. Januar bis zum 11. Juni 2023 zeigt das Museum Folkwang die Neuerwerbung Planet Earth: 21st Century der Fotografin Daniela Comani (*1965). In der gleichnamigen Ausstellung wird die umfängliche Arbeit im Dialog mit Werken aus den Beständen der Fotografischen Sammlung präsentiert. Zeitgleich sind unter dem Titel Stopover 2023 neue Arbeiten der Masterstudierenden Photography Studies and Practice der Folkwang Universität der Künste zu sehen.

Der 2022 erworbene Werkkomplex Planet Earth: 21st Century (2015–2019) von Daniela Comani besteht aus einem Archiv von schwarz-weißen Postkarten. Er zeigt bedeutende Monumente wie z. B. den Arc de Triomphe in Paris oder das Kolosseum in Rom. Auch weniger vertraute, aber ebenso faszinierende Städte, Gebäude und Strukturen werden abgebildet. Als eine Art Enzyklopädie werden 360 Orte gezeigt, die Comani virtuell am Computer bereist hat. Die Künstlerin bewegt sich durch die Kartendienste Apple Maps Flyover und Google Earth, welche die Welt in 3D Renderings darstellen. Comani reproduziert durch die Auswahl bestimmter Perspektiven und Ausschnitte die Screenshots als schwarz-weiße Postkarten sowie in Form eines Künstlerbuchs. Durch die Umwandlung bezieht sich die in Berlin lebende Künstlerin auf die analoge Fotografie sowie die vor allem im 20. Jahrhundert beliebte Distributionsweise von Bildern aus aller Welt.

Comanis Interesse an den gezeigten Orten ist nicht touristischer Natur. Für die Fotografin ist ihre Bestandsaufnahme ein zeithistorisches Dokument des frühen 21. Jahrhunderts. Unentwegt formt und überformt der Mensch die Erde, Städte wachsen und verfallen, Monumente werden gestürzt oder überdauern Generationen. Comanis Archiv stellt einen Moment dieser Entwicklung dar, in seinen abgebildeten Objekten sowie auch im Stand der Technik selbst. Die virtuellen Reisen, die Comani von 2015 bis 2019 unternahm, waren lediglich davon begrenzt, welche Orte durch die digitalen Kartendienste bereits in 3D zur Verfügung gestellt wurden.

Das virtuelle Bild eröffnet weitere Aspekte von Comanis Arbeitsweise. Bei genauerer Betrachtung fallen Rechenfehler, sogenannte Glitches, in den Renderings ins Auge, in denen die markanten Architekturen ihre feste Form verlieren und sich fotografische Bildinformationen zu neuen virtuellen Realitäten verändern. Ganze Stadtteile verschwimmen in schemenhaften Volumen und Texturen. Auffällig ist auch die Abwesenheit des Menschen, der algorithmisch aus den Stadtansichten herausgerechnet wurde.

Flankierend zu den menschenleeren städtischen Ansichten Comanis werden in der Ausstellung Werke von Künstler:innen aus dem Bestand der Fotografischen Sammlung präsentiert. Aus dem 19. Jahrhundert etwa repräsentieren die Fotografien von Edouard Baldus verschiedene Stadtansichten in Frankreich ebenso als Bühne. Eine direkt menschliche Erfahrung spiegelt sich in den konzeptuellen und soziologischen Arbeiten aus dem 20. und 21. Jahrhundert von Ella Bergmann-Michel, Mario de Biasi, Wendelin Bottländer, Hans-Peter Feldmann, Jürgen Heinemann, Arne Schmitt/Andrzej Steinbach sowie Randa Shaath wider. Sie begreifen Orte als sozialen Raum, der von Menschen gleichermaßen geformt und beeinflusst wird.

Parallel präsentieren Studierende des Masterstudiengangs Photography Studies and Practice der Folkwang Universität der Künste ihre aktuellen Studienprojekte in der Ausstellung Stopover 2023. M.A. Photography Studies (20. Januar – 11. Juni 2023) und geben Einblicke in die Entstehungsprozesse ihrer Arbeiten. Die Studierenden des parallelen Masterprogramms Photography Studies and Research veranstalten am 27. Januar 2023 dazu einen Workshop.

Planet Earth: 21st Century wurde erworben 2022 mit Mitteln der Pressehaus Stiftung NRZ.