Mit viel Lärm und Getöse brach die Moderne in Italien ein, als die futuristischen Avantgarden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Befreiungsschlag gegen die schwere Last der Kunst-­ und Kulturgeschichte ausholten. Der Aufstand ging einher mit der Feier von Innovation und Fortschritt im Zeitalter der Maschine. Mit den neuen Mitteln einer abstrakten Bildsprache fing man den Geist des Aufbruchs und des Progressiven ein und wandte sich der Darstellung von Geschwindigkeit und Bewegungsabläufen zu. Somit etablierten sich zentrale Motive und Ideen, die viele der nachfolgenden Künstlergenerationen wiederaufleben lassen sollten.

Die Ausstellung mit Werken aus der Sammlung widmet sich dem spezifischen Beitrag Italiens zur Abstraktion und Gegenstandslosigkeit und wirft einen Blick auf verschiedene Strömungen und Positionen, die die Entwicklung in den vergangenen hundert Jahren mitgeprägt haben. Über 70 Bilder, Reliefs, Objekte und kinetische Werke vermitteln einen Eindruck davon, wie unterschiedlich die Prinzipien der Geometrie und Mathematik interpretiert werden können. So bestimmen frei komponierte, fast zeichenhafte Formelemente die Malerei des Movimento d’arte concreta, wohingegen Raster und serielle Strukturen die Werke der Arte programmata in Vibration und Bewegung versetzen.

Auf welche Weise sich die Bildebene in ein Aktionsfeld für Licht, Farbe und Farbmaterialität als reine Erscheinungen verwandeln lässt, veranschaulicht die Kunst von Antonio Calderara, Enrico Castellani oder Paolo Masi. Zu den weiteren Höhepunkten der Schau gehören schließlich größere Werkkonvolute von zwei Persönlichkeiten, deren Schaffen wesentlich auf der Form des Quadrats basiert: die bunt gestickten Wort­-Bilder des Konzeptkünstlers Alighiero Boetti sowie die schwarz-­weißen Arbeiten des Künstler­-Designers Marcello Morandini, die die strenge Systematik der Mathematik in dynamisch-­rhythmische Strukturen transformieren.

Ausstellungsbeteiligte (Auswahl):
Alighiero Boetti, Corrado Bonomi, Antonio Calderara, Enrico Castellani, Gianni Colombo, Dadamaino, Fortunato Depero, Piero Dorazio, Paolo Masi, Marcello Morandini, Bruno Munari, Paolo Scirpa, Atanasio Soldati, Grazia Varisco, Francesco Vezzoli

Piero Dorazio, Urania, 1965 © Künstler, Foto: Oscar Giacomini
16.10.2022 - 16.04.2023

Tutto bene! Italienische Kunst aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter

Museum Ritter

Alfred-Ritter-Straße 27
71111 Waldenbuch